Süddeutsche Zeitung

Gegner des Rauchverbots:Sponsoring in eigener Sache

Ein Medienbericht sorgt für Wirbel: Wie viel Geld bekommen die Rauchverbotsgegner von der Tabaklobby? Offenbar mehr als bislang bekannt.

Wenn Franz Bergmüller auf die Gelder der Tabaklobby angesprochen wird, wird er "fuchtig", wie er selber sagt. Bergmüller ist Vorsitzender des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur und als solcher kämpft er gegen eine Verschärfung des Rauchverbots in Bayern.

Am Vormittag noch war er zu Gast im Live-Chat von sueddeutsche.de. Und auf die Frage der Nutzer nach dem Sponsoring der Tabakindustrie schrieb er: "Ich stehe nicht auf der Gehaltsliste der Tabaklobby."

Das Aktionsbündnis "Bayern sagt Nein!" allerdings durchaus, wie dies auf deren Webseite nachzulesen ist. Demnach zählen zu den Initiatoren der Gruppe, deren Sprecher Bergmüller ist, der Deutsche Zigarettenverband, die Mittelständischen Unternehmen der Tabakwirtschaft, der Länderverband Süddeutscher Tabakwarengroßhändler und Automatenaufsteller e.V. (LSTA), der Verband der deutschen Tabakindustrie und der Bundesverband der Zigarrenindustrie. So weit, so bekannt.

Das Deutschlandradio berichtet nun, dass Zigarettenverbände das Bündnis nicht wie bisher angenommen mit 150.000 Euro unterstützt haben sollen, sondern mit mindestens 460.000 Euro. Das macht etwa drei Viertel des Gesamtbudgets in Höhe von 615.000 Euro aus - und damit käme der Großteil der Finanzen von der Tabaklobby. Und nicht von den Gastwirten.

Die Zahlen im Einzelnen: So habe der Bundesverband der Deutschen Tabakwaren-Großhändler 100.000 Euro überwiesen. Ebenfalls 100.000 Euro habe der Verband der Rauchtabak-Industrie (VdR) gezahlt. Weitere 9500 Euro kämen vom Bundesverband der Zigarren-Industrie (BdZ).

Der Verband der Mittelständischen Tabakwirtschaft (MUT) habe 1,7 Millionen Werbe-Feuerzeuge fertigen lassen. Die Kosten dafür sollen sich auf rund 100.000 Euro belaufen haben. Weiterer Unterstützer ist darüber hinaus der Münchner "Genuss-Verlag", der die Zeitschrift "Fine Tobacco" herausgibt und die Internet-Kampagne des Bündnisses "Bayern sagt Nein!" kostenlos betreue.

"Das ist ganz mieser Journalismus", sagt Bergmüller zu sueddeutsche.de. Alle im Bericht genannten Zahlen seien bekannt gewesen. Und die in Zusammenhang mit den Werbe-Feuerzeugen genannten Kosten seien schlicht falsch: Diese hätten sich auf 30.000 Euro belaufen, MUT habe diese Summe auf eigene Rechnung bezahlt. "Wir haben von Anfang an mit offenen Karten gespielt."

In der Öffentlichkeit kommuniziert wurden allerdings hauptsächlich die 150.000 Euro, die der Deutsche Zigaretten-Verband (DZV) gezahlt hat. Auch dafür hat Bergmüller eine Erklärung: "Wir wurden immer nach der Zigarettenindustrie gefragt." Dazu würden Verbände wie die Zigarren-Industrie nicht zählen, denn: Zigarren würden keine suchtfördernden Zusatzstoffe enthalten, sie seien für Bergmüller somit reines Genussmittel.

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