6000 gegen Rechts:Tomatenwürfe auf den Oberbürgermeister

AfD-Bundesparteitag - Proteste

Auch auf dem Augsburger Rathausplatz wurde gegen den Bundesparteitag der AfD protestiert.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Mit Ausnahme weniger Zwischenfälle protestieren in Augsburg Tausende Demonstranten friedlich gegen den AfD-Parteitag

Von Christian Rost, Augsburg

Drei junge Flüchtlinge, noch keine 20 Jahre alt, sitzen am Samstagnachmittag auf einer Bank am Augsburger Rathausplatz. Sie sind mit ihren Smartphones beschäftigt, den Trubel um sie herum nehmen sie aber durchaus wahr. Tausende Menschen haben sich auf dem Platz versammelt, um gegen den Bundesparteitag der rechtspopulistischen AfD und gegen Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren. Die jungen Männer, zwei Kurden und ein Afghane, sagen, sie fänden es toll, dass sich so viele gegen Rassismus einsetzten. Es gehe ja um sie, die Flüchtlinge, die die AfD aus dem Land haben will und es bereits geschafft hat, das Klima zu vergiften. Die jungen Flüchtlinge trauen sich aber nicht, an den Protesten teilzunehmen. Ihre Lehrerin habe gesagt, sie sollten sich da raushalten. Also verfolgen sie das Geschehen passiv und tippen auf ihren Handys herum.

Die AfD hielt am Wochenende ihren Parteitag im Augsburger Messegelände ab. 600 Mitglieder und 300 Gäste versammelten sich in der Schwabenhalle. Rundherum Stacheldraht und ein gewaltiges Aufgebot der Polizei. 2000 Beamte verschiedener Bereitschaftseinheiten und Unterstützungskommandos sichern teils die Messe, teils die Innenstadt, in der einige Geschäfte geschlossen haben oder früher schließen aus Furcht vor Krawallen. Trotz der enormen Anzahl von bis zu 6000 Demonstranten, die in einem mehrere hundert Meter langen Zug vom Messegelände zum Rathausplatz ziehen, kommt es kaum zu Zwischenfällen. Ein paar Schmierereien auf Gehsteigen und an Gebäuden sind zu sehen, von Randale kann aber keine Rede sein.

Der Protest verläuft friedlich und kreativ. Die Polizei registriert etwa 20 Straftaten. Es gibt zwei ernsthaftere Zwischenfälle. Ein Unbekannter wirft einen Böller auf eine Gruppe von Einsatzkräften, es wird aber niemand verletzt. Und dann trifft die Wut einiger Protestierender Oberbürgermeister Kurt Gribl. Als er eine Rede halten will, fliegen Tomaten, Eier und leere Plastikflaschen in seine Richtung. Getroffen wird er nicht, muss aber zur Kenntnis nehmen, dass sich die CSU mit ihren jüngsten Forderungen in der Flüchtlingspolitik bei etlichen Menschen unbeliebt macht. Gribl ist stellvertretender Vorsitzender der CSU.

Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nennt die Störer später "Linksfaschisten" und löst damit eine Diskussion auf Twitter aus.

Jubel und Beifall erhält die Augsburger Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. In einer leidenschaftlichen Rede betont sie, dass in Augsburg "Multikulti selbstverständlicher Alltag ist". In der Stadt, in der Menschen aus 160 Nationen lebten, sei die offene Gesellschaft längst Wirklichkeit. Und die Gesellschaft tritt auch für ein friedliches Miteinander ein: Vom Kleinkind bis zum Seniorenpaar - Menschen jeder Altersgruppe sind in den Straßen und Gassen der Altstadt mit Transparenten und Pappschildern zu sehen, auf denen steht: "Rassismus ist keine Alternative" oder "Gegen rechte Hetze und Hassprediger".

Die Hassprediger sind auch in die Stadt gekommen. Der Ableger der völkischen Pegida aus München hält von Samstagnachmittag bis Sonntagnacht durchgehend eine Kundgebung am Königsplatz ab. Die Rechten provozieren mit Muezzin-Gesängen und islamkritischen Reden, die sie vom Band abspielen. Verschanzt hat sich das Pegida-Grüppchen hinter einem massiven Polizeiaufgebot. Auch hier treten Hunderte Demonstranten lautstark, aber friedlich den Rechten entgegen.

Matthias Lorentzen vom Bündnis für Menschenwürde zieht eine positive Bilanz. Augsburg habe Gesicht gezeigt und klar gemacht, dass Hass und Hetze in der Stadt nicht willkommen seien. "Wir haben unser Ziel erreicht."

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