Nationalsozialismus:Bayern investiert in das Gedenken

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"Arbeit macht frei" steht an einem Tor zum ehemaligen Konzentrationslager in Dachau. (Foto: dpa)
  • Die bayerischen Gedenkstätten, die an Opfer- und Täterorten an die NS-Verbrechen erinnern, sollen überarbeitet und teilweise ausgebaut werden.
  • Wie viel Geld die Staatsregierung konkret in die Gedenkstättenarbeit investieren wird, steht noch nicht fest.
  • Einige Projekte sind schon angestoßen, andere sollen in den kommenden Jahren geplant werden.

Von Anna Günther, München

Die Staatsregierung hat ein Gesamtkonzept vorgestellt, mit dem sie die Erinnerungsarbeit an die Opfer des Nationalsozialismus und den Kampf gegen Antisemitismus ausbauen will. Die bayerischen Gedenkstätten, die an Opfer- und Täterorten an die NS-Verbrechen erinnern, sollen überarbeitet und teilweise ausgebaut werden. Das vom Ministerrat am Dienstag in München beschlossene Konzept nannte Kultusminister Michael Piazolo (FW) ein "klares Bekenntnis gegen jeglichen Antisemitismus". Bayern habe eine "besondere Verpflichtung", weil dort viele Erinnerungsorte liegen, an denen die Nazis Verbrechen geplant oder durchgeführt haben. Zudem stehe 75 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft "generell eine Zäsur an, weil uns die Zeitzeugen langsam verloren gehen". Daher sei es wichtig, mit dem Konzept auch weiter "Lehren aus dem "beispiellosen Zivilisationsbruch" zu ziehen.

Wie viel Geld die Staatsregierung konkret in die Gedenkstättenarbeit investieren wird, steht noch nicht fest. Piazolo sprach von einer Schätzung in der "Größenordnung 200 Millionen plus". Er hoffe aber, dass sich der Bund an Finanzierung und Konzeption der Großprojekte beteiligen wird. Die Umsetzung dürfte "mehr als zehn Jahre" dauern.

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Der marode Zustand vieler Gedenkstätten wurde immer wieder scharf kritisiert, Investitionen wurden gegeneinander aufgerechnet. Mit dem Gesamtkonzept sollen nun lokale Initiativen gebündelt und alle zufriedengestellt werden, viel Neues ist aber nicht dabei. In München und am Obersalzberg wurden bereits neue Dokumentationszentren errichtet. Das Konzept des Nürnberger Dokuzentrums soll erneuert werden. Die 85 Millionen Euro teuren Erhaltungsmaßnahmen an der Zeppelintribüne und auf dem Zeppelinfeld sind längst geplant, der Bund und die Stadt Nürnberg beteiligen sich an den Kosten. Darüber hinaus soll für etwa 15 Millionen Euro die Dauerausstellung des Memoriums Nürnberger Prozesse überarbeitet werden. Der Saal 600, in dem zwischen 1945 und 1949 Prozesse gegen NS-Kriegsverbrecher stattfanden, könnte schon im Frühjahr dauerhaft besichtigt werden. Bisher ist er nur an verhandlungsfreien Tagen zugänglich.

Ein besonderer Fokus bei den Opferorten liege auf den KZ-Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg, sagte Piazolo. Dachau sei als "zentraler Opferort" von besonderem Interesse für die Weltöffentlichkeit. Etwa eine Million Menschen besuchen die Gedenkstätte jedes Jahr. Dort sollen die Ausstellung neu gestaltet, die Sanierung vorangetrieben und weitere Gebäude einbezogen werden, etwa der Kräutergarten oder Gebäude, die bei den Dachauer Prozessen eine Rolle spielten. Kostenpunkt: 80 Millionen Euro. Auf dem Gelände des KZ Flossenbürg in der Oberpfalz sollen der Steinbruch und die Häftlingstreppe "deutlicher sichtbar gemacht werden als bisher", sagte Piazolo. Derzeit wird der Steinbruch von einem privaten Granitwerk genutzt, was immer wieder Proteste auslöst. Der Pachtvertrag läuft 2024 aus, danach kann die Gedenkstätte das Areal ins Konzept einbeziehen. Zudem soll die Kooperation mit der Universität Regensburg ausgebaut werden: Die Uni bekommt ein Zentrum für Erinnerungskultur. Gedenkstättenleiter Jörg Skriebeleit erhofft sich davon auch mehr wissenschaftlichen Nachwuchs.

Investiert wird auch in die KZ-Außenlager wie Kaufering, wo die Unzufriedenheit zuletzt groß war. Ehrenamtliche und Landtags-Grüne hatten eine eigene Gedenkstätte fürs Lager VII gefordert. Bisher führen Ehrenamtliche durchs Lager, Infotafeln gibt es nicht. Dort sollen künftig ein Rundgang mit Außenausstellung und Seminarräume für Schüler erreichtet werden.

Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten wirkte am Konzept des Kultusministeriums mit, Stiftungsdirektor Karl Freller (CSU) spricht gar von einem "epochalen Durchbruch für die Erinnerungskultur in Bayern, insbesondere für die Opferorte". Das sehen die Landtag-Grünen anders, obwohl sie seit Jahren ein solches Konzept fordern. Gabriele Triebel nennt es "Merkzettel ohne klare Zielvorgaben". Sie hätte sich mehr Mut und ein "klares finanzielles Commitment" gewünscht.

© SZ vom 22.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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