Geburten:Babyboom in Bayern

Neugeborene

In Bayern wurden die meisten Babys in Kaufbeuren geboren.

(Foto: dpa)
  • In Kaufbeuren im Allgäu brachte laut Statistik jede Frau fast zwei Kinder zur Welt, so viele wie nirgends sonst in Bayern.
  • Die niedrigste Geburtenziffer wurde in Bayreuth verzeichnet (1,2), wobei die Kinderzahl dort ebenfalls seit 2012 kontinuierlich steigt.
  • Der Anstieg entspricht einem deutschlandweiten Trend, wobei der Freistaat 2015 unter dem Bundesdurchschnitt von 1,5 lag.

Von Maximilian Gerl, Claudia Henzler und Lisa Schnell, Fürth

Babyboom-Region Allgäu? Spitzenreiter Kaufbeuren? Rein statistisch brachte 2016 hier jede Frau fast zwei Kinder zur Welt, so viele wie nirgends in Bayern. Im Rathaus sind sie von dieser Kunde etwas überrumpelt, aber was soll's, "man wird ja in allen möglichen Sachen bewertet, da sind das schöne Nachrichten", sagt eine Sprecherin. So wirklich überraschend kommt das Ergebnis ohnehin nicht. Kaufbeuren gilt als familienfreundlich; seit Jahren steigen die Geburtenzahlen. Es gibt genügend Kitaplätze und schon seit 2005 ein Bauförderprogramm für Familien. Und: 2015, also ein Jahr vorher, gab es einen Anstieg bei den Eheschließungen. 300 Paare trauten sich. Sogar eins der ältesten Kinderfeste Bayerns findet jedes Jahr in Kaufbeuren statt, das Tänzelfest.

Insgesamt werden in Bayern wieder mehr Babys geboren. Bei der Auswertung des Jahres 2016 wurden dem Statistischen Landesamt in Fürth 125 689 Lebendgeburten gemeldet, 64 503 Buben und 61 186 Mädchen. Das ist ein Anstieg um 6,3 Prozent gegenüber dem Jahr 2015. Wenig überraschend wurden die meisten Kinder im bevölkerungsreichen Bezirk Oberbayern geboren (48 541), die wenigsten in Oberfranken (8920).

Auch die Geburtenziffer stieg - wenn auch nicht überall gleich in Bayern. Am höchsten war sie in Schwaben mit durchschnittlich 1,65 Kindern je Frau. Spitzenreiter sind die Stadt Memmingen, der Landkreis Unterallgäu und eben die Stadt Kaufbeuren mit jeweils 1,81 Kindern je Frau. Die niedrigste Geburtenziffer wurde in Bayreuth verzeichnet (1,2), wobei die Kinderzahl dort seit 2012 kontinuierlich steigt.

Statistisch erfasst wurde ein Unterschied bei der Geburtenziffer von Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit (Anstieg von 1,43 auf 1,46) und ausländischem Pass (von 1,81 auf 2,04). Auf ganz Bayern gerechnet, beträgt die Geburtenziffer 1,56 (2015: 1,48). Der Anstieg entspricht einem deutschlandweiten Trend, wobei der Freistaat 2015 unter dem Bundesdurchschnitt von 1,5 lag, der damals als höchster Wert seit 1982 gefeiert wurde. Für 2016 gibt es noch keine Auswertung auf Bundesebene.

Bayerns Familienministerin Emilia Müller (CSU) sieht diese Entwicklung als Bestätigung bayerischer Familienpolitik, die "Lust und Mut auf Familie" mache: "Wir schaffen passende Rahmenbedingungen - zum Beispiel durch umfangreiche Investitionen in den Ausbau und die Qualität der Kindertagesbetreuung. Zugleich unterstützen wir mit Familienleistungen wie dem Betreuungsgeld und dem Landeserziehungsgeld die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Familien im Freistaat."

So etwas zu behaupten, sei verwegen, sagt die Grünen-Abgeordnete Verena Osgyan. "Ich gebe mal 150 Euro im Monat und dann kriegen alle Kinder. Das ist ein Familienbild aus der Mottenkiste." Das Betreuungsgeld habe sogar negative Auswirkungen: "Gerade diejenigen, die von einer außerhäuslichen Betreuung besonders profitieren könnten, nehmen sie oft nicht wahr." Dass es mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorangehe, sei vor allem dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz zu verdanken, der vom Bund geschaffen wurde.

In Bayern fehle es sogar an Betreuungsplätzen, in Niederbayern etwa wünschten sich 42 Prozent der Eltern einen Krippenplatz, abgedeckt sei nicht mal die Hälfte. Auch Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der SPD, lobt vor allem die Familienpolitik des Bundes wie etwa die Lohnersatzleistung im ersten Jahr. Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler, wird dagegen fast philosophisch. "Weil die Welt des Menschen zunehmende Probleme aufwirft, zieht man sich wieder mehr ins Private zurück und sucht seine Geborgenheit in einer funktionsfähigen Familie", sagt er. Bayern aber tue noch nicht alles, um Familien eine optimale Ausgangssituation zu schaffen. Wie die SPD fordern die FW eine kostenfreie Kinderbetreuung.

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