Süddeutsche Zeitung

GBW-Wohnungen:CSU attackiert EU-Kommission

Nach dem Eklat um den Verkauf der GBW-Wohnungen greifen führende CSU-Politiker die EU-Kommission an. Die Äußerungen eines Sprechers seien "nicht fair und sachgerecht" gewesen, sagte Finanzminister Söder. Er will die Mitsprache der EU in Bayern nun deutlich zurückdrängen.

Von Mike Szymanski

Die CSU-Spitze hat zur Generalattacke auf die EU-Kommission geblasen, nachdem Brüssel die Verantwortung für den umstrittenen Verkauf der mehr als 33.000 ehemals landeseigenen GBW-Wohnung an Privatinvestoren allein der Staatsregierung zuweist. Ein Kommissionssprecher hatte erklärt, der Verkauf der Wohnungen sei von der Landesbank vorgeschlagen worden. "Die Idee kam nicht von der EU-Kommission."

Damit steht der Vorwurf im Raum, dass die Staatsregierung die Mieter und die Öffentlichkeit getäuscht habe. Sie hatte behauptet, die EU zwinge Bayern zum Verkauf und verbiete dem Freistaat, selbst als Bieter im Verkaufsprozess aufzutreten. Finanzminister Markus Söder (CSU), der den Konflikt am Dienstag noch als "Sturm im Wasserglas" abtun wollte, verteidigte sich am Mittwoch in einer Pressekonferenz und griff die Kommission frontal an. Er nannte die Äußerungen "nicht fair und sachgerecht". Bayern sehe sich bestärkt darin, seine EU-Politik fortzusetzen.

Die CSU will die Mitsprache Brüssels zurückdrängen und fordert in ihrem Programm, die Kommission deutlich zu verkleinern. In den Europawahlen im kommenden Jahr sieht er bereits "eine gute Chance für einen Neuanfang". Bayern sei "über viele Dinge überrascht".

Merk erwartet "mehr Professionalität" von der EU-Kommission

Auch Bayerns neue Europaministerin Beate Merk (CSU) hat sich am Mittwoch in den Konflikt eingeschaltet. An die Adresse von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia gerichtet, dessen Sprecher mit seinen Äußerungen den Ärger ausgelöst hatte, erklärte sie, sie erwarte vom künftigen Wettbewerbskommissar "mehr Professionalität und Verantwortung". Thomas Kreuzer, der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, bezeichnete das Verhalten der EU-Kommission als scheinheilig. Deren Erwartungshaltung bei der Sanierung der Landesbank habe Bayern keine andere Wahl gelassen, als die Bank zu verkaufen.

Die Kommission hatte eine drastische Verkleinerung und eine Konzentration auf das Kerngeschäft gefordert. Finanzminister Söder erklärte, dass Immobiliengeschäft habe nicht zum Kerngeschäft gehört, der Verkauf sei "absolut alternativlos" gewesen. Am Ende hätte sonst die Zerschlagung der Bank gestanden. Ein Kommissionssprecher erklärte, wie die Landesbank ihre Ziele erreichen wollte, sei ihr überlassen gewesen. Die Forderung aus der Opposition, einen Rückkauf zu prüfen, wies Söder als absurd zurück. "Das geht finanziell nicht und ist auch nicht notwendig."

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sagte: "Ich glaube Söder kein Wort. Der Minister wirft hier mit Nebelkerzen und lügt die Bürgerinnen und Bürger nach Strich und Faden an." SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher erklärte, die Staatsregierung habe die Mieter verraten. Für einen Untersuchungsausschuss, wie ihn die Grünen ins Spiel gebracht haben, sieht er keinen Bedarf. Die wesentlichen Informationen seien nun bekannt. Details will die SPD im Landtag mit einem Fragenkatalog klären.

Söder kündigte bei der Pressekonferenz an, dass der neue Eigentümer der GBW-Wohnungen, ein Konsortium um die Immobilienfirma Patrizia aus Augsburg, zu neuen Zugeständnissen an die Mieter bereit sei. Die Patrizia hat vertraglich die Möglichkeit, im Jahr bis zu 1500 Wohnungen zu verkaufen. Diese Obergrenze werde sie "nicht ausschöpfen". Bei Mietpreiserhöhungen werde die Firma ebenfalls zurückhaltend sein. Außerdem soll zum 30. November ein Ombudsmann für Beschwerden berufen werden.

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SZ vom 21.11.2013/tba
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