Gauweiler will Partei-Vize werden:Sehnsucht nach der alten CSU

Der Coup war gut kalkuliert: Kaum hat Parteichef Seehofer seine Wunschkandidaten für die Vize-Posten bekannt gegeben, schiebt CSU-Rebell Gauweiler seine Kandidatur hinterher. Seine Chancen stehen gut - gerade, weil er für nicht für die Seehofer-CSU steht.

Mike Szymanski

Mit der Ankündigung seiner Kandidatur auf dem Parteitag im Oktober hat Peter Gauweiler die CSU überrascht. Es war ein kalkulierter Coup - wie sollte es auch anders sein bei einem Mann, der sich zum ewigen Rebellen stilisiert: Erst wartete Gauweiler ab, bis der Parteivorsitzende Horst Seehofer sein Wunschpersonal für die Stellvertreterposten der Öffentlichkeit vorstellte, dann schob er seine Bewerbung hinterher. Gauweiler zeigt damit, dass er mit der Politik der Seehofer-CSU nicht einverstanden ist. Da will jemand seine alte CSU zurück.

Peter Gauweiler: Der 62-jährige CSU-Rebell kandidiert auf dem Parteitag Anfang Oktober für einen der vier Stellvertreterposten von Parteichef Horst Seehofer. (Foto: Reuters)

Das gilt vor allem für die Europapolitik der Partei: Schluss soll sein mit den neumodischen Zeiten, in denen sich Seehofer und die CSU dem europafreundlichen Kurs von Kanzlerin Angela Merkel unterordnen. Mit Gauweiler in der Parteispitze wäre das jedenfalls kaum mehr zu machen. Er ist der exponierteste Europa-Kritiker der Partei.

Einer, der mit Unbehagen verfolgt, wie die EU politisch zu scheitern droht und der mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen kämpft, dass Brüssel noch mehr Kompetenzen eingeräumt werden. Gauweilers Wahl wäre deshalb ein Signal auch an Merkel und die CDU: Mit ihm würde sich die Partei ein Stück weit von der europäischen Idee verabschieden.

Aber gerade deshalb hat Gauweiler gute Chancen, den Posten zu bekommen. Nicht nur mit seiner Europa-Kritik trifft er die Stimmung vieler Parteifreunde. Der Strauß-Zögling Gauweiler steht noch für die CSU, die mit einfachen Losungen einst grandiose Wahlerfolge feierte. Er verbreitet ein heimeliges Gefühl überall dort, wo Seehofer mit seiner Abkehr von Wehrpflicht, Atomkraft und Freund-Feind-Denken das Mobiliar der alten CSU ausgeräumt hat.

© SZ vom 14.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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