Süddeutsche Zeitung

Gauweiler-Rede am Aschermittwoch:"Einmal Odyssee und zurück"

Der Aschermittwoch ist ein schwieriger Tag für Peter Gauweiler: Einst erzwang Parteichef Stoiber zu diesem Termin Gauweilers Rücktritt als Umweltminister. An diesem Mittwoch endet für ihn eine beschwerliche Reise mit seiner Rückkehr.

Von Mike Szymanski

Der Politische Aschermittwoch ist für Peter Gauweiler ein Termin, der für ihn mit großen, persönlichen Schmerzen verbunden ist. 20 Jahre lang hat er sich keine Festveranstaltung dieser Art mehr angetan. Er sagt: "Ich habe mich im Entzug geübt." Er ging lieber Skifahren mit seiner Familie. Gauweiler hat gefastet. Von sich selbst, wenn man so will.

1994 ist Peter Gauweiler als Umweltminister zurückgetreten. Es war Aschermittwoch und dieser Rückzug blieb vielen in Erinnerung: Gauweiler war seit Monaten wegen einer Affäre um die Verpachtung von Mandanten seiner früheren Anwaltskanzlei angeschlagen. Edmund Stoiber erzwang seinen Rücktritt. Aber knapp zwei Stunden lang, in einer denkwürdigen Rede aus Wut und Wehklage im Münchner Pschorrkeller, rang Gauweiler vor allem mit sich selbst. Er wollte die Bühne für seine Niederlage. "Wenn man immer als Populist beschimpft wird, dann soll man seinen Gegnern auch den Gefallen tun und es dort machen, wo man sich am sichersten fühlt", erzählt Gauweiler rückblickend über diesen Politischen Aschermittwoch 1994, ein schaurig-schreckliches Spektakel.

Eine beschwerliche Reise

Es ist daher nur verständlich, dass der CSU-Politiker hin-und hergerissen war, als Parteichef Horst Seehofer ihm für den diesjährigen Aschermittwoch die zweite Hauptrolle neben sich als Redner in Passau anbot. "Ich freue mich, dass ich eingeladen bin", sagt Gauweiler. Für ihn endet auf diese Weise am Mittwoch eine beschwerliche Reise mit der Rückkehr. Er formuliert es so: "Einmal Odyssee und zurück."

Seehofer hat Gauweiler reaktiviert, eine seiner geschicktesten Personalentscheidungen. Das war vor der Landtagswahl im vergangenen Jahr. Er weiß, dass der knorrige CSU-Politiker beim Parteivolk gut ankommt. Gauweiler gehört auch zu der eher seltenen Spezies, die ein Bierzelt unterhalten können, ohne dass es langweilig wird. Wirklich gute Redner hat die CSU nicht mehr viele. Und Gauweiler ließ sich noch einmal in die Pflicht nehmen, auch weil er daran glaubte, dass die CSU zur Alleinregierung in Bayern zurückkehren könne, wenn sie nur zusammenhält. An ihm sollte es jedenfalls nicht liegen. Außerdem gab er als bekennender Europa-Skeptiker jenen von milliardenschweren Rettungspaketen frustrierten Leuten das Gefühl, bei der CSU mit ihrer Meinung gut aufgehoben zu sein. Jetzt muss die CSU noch die Kommunalwahl und die Europawahl bestehen, Gauweiler macht deshalb so viele Termine für die Partei wie lange nicht mehr. Und Seehofer, ein guter Smalltalker aber kein wirklich guter Festzelt-Redner, hat seiner Partei etwas anzubieten.

Katerstimmung gibt es nicht

Seit Tagen bereitet sich Gauweiler auf seinen Auftritt vor. Mit der Geschichte der Stadt Passau hat er sich schon befasst. Mit der Politik im Kleinen wie im Großen. Dieses Jahr wird der beiden Weltkriege gedacht und auch des Mauerfalls. Raum für große politische Linien, wenn man so will. Gauweiler ist ein nachdenklicher Mensch geworden. Auch die Ereignisse in der Ukraine beschäftigen ihn, er beschreibt die Situation dort als "dramatisch". Das heißt aber noch lange nicht, dass man am Mittwoch eine übermäßig zurückhaltende CSU erleben wird. "Der Ehrgeiz der CSU besteht ja immer darin, dass wir uns von niemanden und durch nichts am Aussprechen der Wahrheit hindern lassen wollen", sagt Gauweiler und fügt in seiner feinsinnigen Art an: "Und zwar so, wie wir sie sehen."

Jedenfalls sieht auch Gauweiler seine CSU vor dem Aschermittwoch vor Kraft nur so strotzen. Katerstimmung hat die CSU noch nie zugegeben. Ein bisschen Anlass dazu gäbe es aber: In Berlin musste CSU-Mann Hans-Peter Friedrich wegen seiner Verstrickungen in die Edathy-Affäre zurücktreten. Der Miesbacher Landrat Jakob Kreidl bezahlt die von der Sparkasse gesponserte Geburtstagsfeier mit dem Ende seiner politischen Karriere. Untergangsstimmung? Von wegen. Gauweiler weiß aus eigenem Erleben, dass man aus einer Niederlage nicht unbedingt als Verlierer hervorgehen muss.

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SZ vom 04.03.2014/wolf
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