Zugunglück:Jetzt steht nur noch die Lok am Unfallort

Zugunglück: Ein Spezialkran aus dem Ruhrgebiet bewegt den circa 50 Tonnen schweren Doppelstockwagen, der nach dem Zugunglück noch auf den Gleisen stand.

Ein Spezialkran aus dem Ruhrgebiet bewegt den circa 50 Tonnen schweren Doppelstockwagen, der nach dem Zugunglück noch auf den Gleisen stand.

(Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Die Bergungsarbeiten nach dem schweren Zugunfall bei Garmisch gehen voran - auch dank eines speziellen Schienenkrans. Trotzdem könnte es dauern, bis wieder Züge über die Strecke rollen.

Von Maximilian Gerl

Hoch reckt sich der rot lackierte Metallarm in den Himmel. Rund 160 Tonnen Hebekraft besitzt der Schienenkran, mit dessen Hilfe die Deutsche Bahn (DB) am Mittwochvormittag die vielleicht letzten Etappen der Bergungsarbeiten eingeleitet hat - und den letzten der fünf Waggons emporgehievt hat, die samt Lok am 3. Juni bei Garmisch-Partenkirchen entgleist waren. Fünf Menschen starben bei dem Unfall, Dutzende wurden teils schwer verletzt.

Die Ursache ist weiter unklar, die Ermittlungen laufen und dürften sich hinziehen: Beteiligte rechnen aufgrund der komplexen Lage nicht mit schnellen Ergebnissen. Die Bergungsarbeiten kommen immerhin ein bisschen schneller voran. In den Tagen zuvor hatte die DB die Gleise nördlich der Unfallstelle provisorisch instandgesetzt, um über Augsburg und München einen Schienenkran aus Wanne-Eikel im Ruhrgebiet heranzuführen. Anders war der letzte, um die 50 Tonnen schwere Doppelstockwagen nicht zu bewegen. Ihn mittels Kran anzuheben und zurück auf die Gleise zu stellen, habe "super geklappt", sagte ein DB-Sprecher. Anschließend habe eine Rangierlok den Waggon nach Farchant geschleppt.

Wann die Lok abtransportiert wird, kann derzeit niemand sagen

Auf Höhe des Garmischer Ortsteils Burgrain steht damit nur noch die Lok des Unglückszugs. Sie hatte ihn von hinten geschoben und befindet sich damit südlich der Unfallstelle. Als Nächstes sollen nun die Gleise, die bislang unter dem Wagen lagen, so weit hergerichtet werden, dass die Lok ebenfalls gen Norden abtransportiert werden kann. Wann das geschehen wird, wagt allerdings niemand offiziell zu prognostizieren.

Trotz der jüngsten Räum-Fortschritte stehen alle Zeitpläne weiter unter Vorbehalt: Die Behörden können die Arbeiten jederzeit unterbrechen, um etwaige neue Spuren zu sichern. Die Unfallstelle ist laut DB "nach wie vor Sperrzone". Auch sonst birgt der Einsatz schwerer Maschinen Überraschungen. Der Schienenkran etwa sollte eigentlich schon am Dienstag den Wagen anheben. Doch erst hatte sich seine Ankunft am Unfallort verzögert, dann benötigte seine Besatzung angesichts der örtlichen Gegebenheiten zusätzlich Vorbereitungszeit, um die Bergung sicher vornehmen zu können.

Die Waggons wurden nach DB-Angaben unweit des Unfallorts abgestellt, Fachleute sollen sie dort näher untersuchen. Für die Ermittlungen hat das Polizeipräsidium Oberbayern Süd eine Soko "Zug" gebildet. Als wahrscheinlichste Unfallursache gilt ein bislang nicht näher spezifizierter technischer Defekt an Fahrgestell oder Gleisen. Expertinnen und Experten hatten zuletzt unter anderem eine mögliche Gleisverwerfung ins Spiel gebracht: Stark vereinfacht verformen sich Gleise unter dem Gewicht der über sie hinwegrollenden Eisenbahnen, weshalb Reparaturtrupps die Abweichungen von Zeit zu Zeit korrigieren müssen. Welche Rolle der Zustand der Schieneninfrastruktur im Fall Garmisch tatsächlich spielt, müssen aber nun die Gutachter ermitteln.

Unklar bleibt vorerst auch, wann wieder Züge von München nach Garmisch und zurück pendeln können. Denn noch wurde der Gleisabschnitt rund um die Unfallstelle von den Behörden nicht freigegeben: Dort fänden vorerst weiter Untersuchungen statt, bestätigte am Mittwoch ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. "Wenn diese abgeschlossen sind, kann die Bahn ihre Arbeiten fortsetzen."

Dem Vernehmen nach müssen vor einer Wiederinbetriebnahme der Strecke womöglich Gleisbett und Schienen über mehrere Hundert Meter erneuert werden. Bis auf Weiteres fährt zwischen Mittenwald und Oberau ein Schienenersatzverkehr.

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