Garmisch-Partenkirchen:Wenn die Wildnis nur noch von 8 bis 18 Uhr geöffnet ist

Garmisch-Partenkirchen: Naturschönheit: Die Partnachklamm, eine enge Schlucht mit tosendem Gebirgsbach, ist bei Wanderern beliebt.

Naturschönheit: Die Partnachklamm, eine enge Schlucht mit tosendem Gebirgsbach, ist bei Wanderern beliebt.

(Foto: Maximilian Gerl)
  • Die Partnachklamm bei Garmisch-Partenkirchen ist seit dem 15. August nur noch zwischen acht Uhr früh und 19 Uhr abends geöffnet, von November bis April bis 18 Uhr.
  • Die Gemeinde beruft sich bei der heftig kritisierten Entscheidung auf die Versicherungshaftung.

Von Johann Osel, Garmisch-Partenkirchen

Die Mitteilung im Bürger-Service der Marktgemeinde besteht aus wenigen Sätzen und wirkt unscheinbar: "Ab 15. August ist der Durchgang durch die Partnachklamm außerhalb der Öffnungszeiten nicht mehr möglich. Das Versperren der beiden Gittertüren am Ein- und Ausgang ist eine wichtige Maßnahme zur Unfallverhütung, mit der der Markt Garmisch-Partenkirchen seiner Verkehrssicherungspflicht nachkommt."

Der Ärger über die Neuerung, der sich seit gut einer Woche zusammenbraut im Werdenfelser Land, kommt teils mit harscheren Worten daher. Schließlich ist nicht nur die Klamm an sich, die enge Schlucht mit dem tosenden Gebirgsbach, eine Schönheit und einen Besuch wert; sondern sie gilt auch als Nadelöhr für viele Routen in Richtung Zugspitze und andere Ziele im Wettersteingebirge. Wanderer, die derzeit vor 8 Uhr oder nach 19 Uhr ankommen, stehen vor geschlossenen Türen. Das ist ungut für Frühaufsteher wie für Spätheimkehrer.

"Gute Nacht, Partnachklamm!" titelte die Bergwacht Garmisch-Partenkirchen ihre Mitteilung dazu auf Facebook; und zum Beispiel hier zeigt sich der Unmut von Wanderern und Bürgern. "Gute Nacht, Garmisch-Partenkirchen! Typisch deutscher Bürokratenstaat", lautete eine Antwort. Ein anderer meinte: "Die Aktion dürfte jawohl eher dazu führen, dass die Bergwacht häufiger ausrücken muss, weil die Leute dank Umweg völlig erschöpft irgendwo liegen bleiben." Sogar listige Absichten werden dem Markt unterstellt: "Rauf und runter an einem Tag wird ziemlich erschwert. Man könnte fast denken, ob man so die Benutzung der Bahn ankurbeln möchte."

Derlei spiele überhaupt keine Rolle, erklärt Ute Leitner, Sprecherin der Gemeinde: "Wir verstehen die Wanderer. Für uns ist das nicht zufriedenstellend." Der Knackpunkt sei die Versicherungshaftung. Regelmäßig würden Begehungen mit Geologen und auch den Sachversicherern abgehalten. Schon vor "längerer Zeit" seien Mahnungen gekommen, 2015 habe der Hauptausschuss der Gemeinde dennoch die komplette Öffnung im Sommer beschlossen. Im Mai habe ein Steinschlag eine Frau getroffen, man habe dann die Entscheidung von 2015 "beleuchtet" und festgestellt, dass die Lokalpolitiker das so gar nicht beschließen hätten dürfen.

Daher nun das Pochen auf die Öffnungszeiten, je nach Monat von 8 bis 18, 8 bis 19 oder 9 bis 18 Uhr. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, es gibt bereits Gespräche mit dem Versicherer", so Leitner. Da die Klamm Eintritt kostet, befindet man sich rechtlich quasi nicht in wilder Natur. Das verlangt offenbar andere Regeln als kostenlose Schluchten.

Auch im Gemeinderat gibt es laut Medienberichten viel Kritik. Walter Echter, Mitglied und Förster, befürchtet, dass es mehr Notrufe gebe, wenn Wanderer abends für einen Umweg erneut aufsteigen müssten. Im Rat wurde die Idee publik, im Sommer die Klamm zumindest von 6 bis 20 Uhr zu öffnen. "Es gibt Vorschläge und auch wir prüfen Optionen", sagt Leitner. "Aber wir brauchen eine Lösung, keine Zwischenlösung." Die Gemeinde lege alles daran, dass sich "bald" etwas tue. "Wir hoffen, noch in dieser Wandersaison."

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