Am kommenden Samstag gibt es einen Volksmusikabend, Mitte Juni finden dann das "6. Kathreiner Festival" mit allerlei Volkstümlichem sowie ein Konzert des Munich Modern Jazz Orchestra statt, und irgendwann dazwischen lässt sich die deutsche Wohnungswirtschaft bei einem großen Branchenkongress vom ehemaligen SPD-Außenminister Sigmar Gabriel die Weltpolitik und von anderen Gastrednern die Digitalisierung erklären. So ähnlich geht es dann weiter bis zur Swinging Christmas am 26. Dezember und weit darüber hinaus: Bis ins Jahr 2021 hinein können Veranstalter das Kongresshaus in Garmisch-Partenkirchen noch buchen. Was danach kommen soll, beschließen die Garmischer und die Partenkirchner in zwei Wochen per Bürgerentscheid.
Der Rat der Marktgemeinde plagt sich schon seit geraumer Zeit mit dem Thema herum, denn das Garmischer Kongresshaus ist auch nicht erst neulich in die Jahre gekommen: Der älteste Teil, ein Verbindungsgang zu den Künstlergarderoben, stand schon zu Adolf Hitlers Olympischen Winterspielen 1936. In den 1960-er Jahren kam der Richard-Strauss-Konzertsaal hinzu. Zur Skiweltmeisterschaft 1978 wurde dann zum nächsten Mal umgebaut und der alte Festsaal erweitert, und Ende der 1990-er Jahre folgte als bisher letzter Teil der Anbau für das "Kleine Theater" mitsamt der Kellerbühne für die Kleinkunst.
Dieser jüngste, aber auch schon mehr als 20 Jahre alte Trakt könnte wohl erst einmal stehen bleiben, da sind sich beide Seiten immerhin einig. Dass der ganze Komplex am Garmischer Kurpark kein echtes Schmuckkästchen mehr ist, das bestreitet ebenfalls kaum einer der Kontrahenten. Nur finden die einen, dass die Marktgemeinde ihr Kongresshaus zwar viel zu lang vernachlässigt habe, aber dass sich da trotzdem schon noch was draus machen ließe mit einer gründlichen Sanierung. Doch die Mehrheit im Gemeinderat glaubt an solche Lösungen inzwischen nicht mehr: Sie will das verschachtelte Ensemble abreißen und durch eine kompakteren Neubau ersetzen, der besser bespielbar und mit einem vertretbaren Aufwand zu heizen sein soll.
Dabei standen die Signale noch bis zum vergangenen Sommer auf Sanierung: Diverse Neubaupläne für bis zu 75 Millionen Euro waren auch den Gemeinderäten irgendwann illusorisch erschienen. Auf eine Machbarkeitsstudie von 2013 folgte also ein Architektenwettbewerb für eine Sanierung mit Teilneubau, den ein Berliner Büro mit einem allgemein für vergleichsweise elegant befundenen Entwurf gewonnen hat. Nur wurden aus den anfangs dafür geschätzten und beschlossenen 14,2 Millionen Euro auch schon bald wieder mehr als 32 Millionen, so dass die Räte im vergangenen Jahr die Reißleine zogen.
Für ungefähr das gleiche Geld gäbe es einen kompletten, effizienten und zeitgemäßen Neubau plus Tiefgarage, argumentiert Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer (SPD). Mit dem jetzigen Kongresshaus erwirtschafte man wegen des hohen Energie- und Personalaufwands durch die verschachtelten Räumlichkeiten jedes Jahr ein Defizit von rund einer Million Euro. Und in ihre verschiedenen Planungen hat die Gemeinde inzwischen auch schon eine Dreiviertelmillion Euro gesteckt.
Die örtliche CSU hat im beginnenden Wahlkampf vor der Kommunalwahl 2020 zwar inzwischen Ton und Stil gegenüber Meierhofer verschärft, aber die gemeinsamen Beschlüsse zum Kongresshaus bisher nicht in Frage gestellt. Den Widerspruch aus den Reihen der Bürger hat vor allem die lokale FDP aufgenommen. Ein Bürgerbegehren mit dem Titel "Rettet unser Kongresshaus" unterschrieben in der durchaus streitlustigen 27 000-Einwohner-Gemeinde in kurzer Zeit mehr als 2700 Menschen - weit mehr als nötig, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen. Die Räte stellten dem ein Ratsbegehren mit ihren eigenen Plänen entgegen. Am 26. Mai sollen sich die Bürger nun zwischen beiden Vorschlägen entschieden.
Thorsten Unseld, der als Geschäftsführer der gemeindeeigenen GaPa Tourismus GmbH auch für das Kongresshaus verantwortlich ist, wirbt für einen Neubau. Nach Jahren der Stagnation sei in Garmisch-Partenkirchen zuletzt Einiges in Gang gekommen. Jetzt müsse die Marktgemeinde mit einem Neubau des Kongresshauses "mal ein Statement" setzen, sagt Unseld. Etwas Besseres als so ein Bürgerentscheid könne da kaum passieren, findet er, denn es brauche "endlich eine Entscheidung, die dann gilt". Ob in dieser Frage am Wahlsonntag in zwei Wochen wirklich das letzte Wort gesprochen wird, ist offen. Es wäre das erste Mal.