Garmisch-Partenkirchen:50-Millionen-Spende mit Bedingungen

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Einen Teil der Riesensumme, welche Garmisch-Partenkirchen erhalten hat, würde sie gerne in ein Bildungszentrum für Pflegeberufe investieren. (Foto: Johannes Simon)
  • Das verstorbene Unternehmerpaar Leifheit hat der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen 50 Millionen Euro vererbt.
  • Investitionen sind allerdings an Bedingungen geknüpft: Das Geld ist zum Wohle alter und pflegebedürftiger Personen auszugeben.
  • In der Gemeinde gibt es nun verschiedene Überlegungen, was man mit der riesigen Summe machen soll.

Von Dietrich Mittler, München

Mit Garmisch-Partenkirchen war das Ehepaar Günter und Ingeborg Leifheit innig verbunden. Hier fanden sie die Ruhe und Diskretion, nach der sie sich sehnten. "Das Besondere ist, dass hier bis heute niemand konkret etwas von ihnen weiß", sagt Sigrid Meierhofer (SPD), die Bürgermeisterin der oberbayerischen Marktgemeinde. Das will etwas heißen, immerhin sind die Leifheit-Haushaltsgeräte aus der Wirtschaftsgeschichte des Nachkriegsdeutschlands nicht wegzudenken. Nun dürfte der Name Leifheit im Ort aber doch in aller Munde sein. Das inzwischen verstorbene Unternehmerpaar hat der Gemeinde 50 Millionen Euro zuerkannt. Bedingung: Das Geld ist zum Wohle alter und pflegebedürftiger Personen auszugeben.

Doch nicht allein der immense Betrag ist atemberaubend. Auch das, was die Gemeinde nun damit vor hat: Garmisch-Partenkirchen soll ein Bildungszentrum für Pflegeberufe mit Campus-Charakter erhalten, wenn möglich, dann sogar mit Anbindung an eine Hochschule. "Das ist für uns die Chance", sagt Meierhofer, "wir sind - abgesehen vom Tourismus - ja auch eine Gesundheitsregion, und da können wir das wahnsinnig gut brauchen."

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Bildungszentrum für Pflegeberufe

Überdies muss sich Garmisch-Partenkirchen einiges einfallen lassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. "Wir haben ein Problem mit der Abwanderung der jungen Menschen. Und das wäre die Gelegenheit, die zu halten", bestätigt Meierhofer. Sogar ein Standort für das geplante Bildungszentrum ist schon gefunden: 20 000 Quadratmeter auf einem Gelände in Bahnhofsnähe. Mit dem jetzigen Besitzer, dem Investor Franz Hummel, stehe man bereits in guten Verhandlungen.

Manchem mag die Geschichte, wie die 26 000-Einwohnergemeinde an diese Riesensumme kam, wie ein Märchen erscheinen: Die 50 Millionen Euro stammen aus der "Günter und Ingeborg Leifheit-Stiftung" in Lugano, die inzwischen aufgelöst wurde. Das Geld ist "ganz einfach auf das Konto der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen überwiesen worden", sagt Meierhofer. "Aber wir haben noch nicht alles bekommen, es fehlen schon noch ein paar Millionen", schränkt sie ein. Meierhofer ist jedoch guter Dinge, dass das restliche Geld auch bald eintrifft. Dann verfügt Garmisch-Partenkirchen über eine Stiftungssumme, "die durchaus in Bayern heraussticht", wie Philipp Hof, der Geschäftsführer des in München ansässigen "Haus des Stiftens" sagt.

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Viele Bewerber wurden bereits abgelehnt

Ein solcher Riesenbetrag weckt Begehrlichkeiten. Bei Sigrid Meierhofer haben bereits etliche Bewerber angeklopft. Vielen muss sie eine Absage machen, es kommen nur gemeinnützige Einrichtungen in Frage. Glück für die ansässigen Altenheimträger Caritas sowie die Rummelsberger. Sie können wohl, wie Meierhofer sagt, beide für den zeitgemäßen Umbau ihrer Heime mit einer Summe von acht Millionen Euro rechnen. "Eine Stiftung wie diese ist eine großartige Sache, aber zu einem gewissen Teil auch eine Bürde", sagt Meierhofer.

Schließlich müsse das Geld - seit Auflösung der Stiftung gilt es als "Sondervermögen" - nachhaltig investiert werden. "Das Geld ist Fluch und Segen zugleich", sagt auch Elisabeth Koch, Vorsitzende der CSU-Gemeinderatsfraktion. Koch ist Teil eines dreiköpfigen Ratsgremiums, das eigens eingerichtet wurde, um Pläne auszuarbeiten, was mit dem vielen Geld passieren soll. "Auf jeden Fall soll es nicht kleckerlesweise ausgeschüttet werden", sagt Koch.

Klar ist aber auch, dass der Wille der Stifter Günter und Ingeborg Leifheit den Weg vorgibt. Drei Ziele sind es, die verwirklicht werden müssen: Mit dem Geld soll "die Errichtung und Unterstützung von Alten- und Pflegeheimen", "die Förderung der wissenschaftlichen Forschung" mit Bezug auf Altersprobleme sowie auch Einrichtungen unterstützt werden, "die zugunsten alter Leute tätig sind". Sowohl Meierhofer als auch Koch sind sich einig, dass alles getan werden muss, um dem Stifterwillen zu entsprechen. Bereits 2014 schaltete die Gemeinde daher den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband ein. Meierhofer rechnet damit, dass der noch in diesem Jahr eine Stellungnahme darüber abgibt, ob auch das Großprojekt Bildungszentrum dem Stifterwillen entspricht. Wenn ja, dann würden in Garmisch-Partenkirchen Pflegekräfte ausgebildet werden können. Ein Projekt mit Zukunft, denn in Bayern fehlt es dramatisch an Pflegefachkräften - insbesondere im Bereich Altenpflege.

Am Dienstag fand sich auf Anregung von Gemeinderätin Elisabeth Koch eine Expertenrunde zusammen. Mit am Tisch saßen Vertreter des Klinikums Garmisch-Partenkirchen und der Caritas als Fachleute für den Bereich Pflegeausbildung. Sie können sich durchaus die Zusammenarbeit als Träger einer gemeinsamen Ausbildungsstätte vorstellen, wie Peter Lenz, der Geschäftsführer des Garmisch-Partenkirchner Klinikums sagt.

Experten sollen Bedarf klären

Eingeladen waren aber auch die frühere CSU-Landtagsabgeordnete und Hospiz-Expertin Renate Dodell, zudem Lehrstuhlinhaber der TU München in Sachen Gesundheitsmanagement, Vertreter der Rheuma-Kinderklinik Garmisch-Partenkirchen sowie auch der Amtsrichter Sebastian Kirsch als Wegbereiter des Werdenfelser Wegs, durch den alte Menschen bereits in vielen Fällen die Fixierung am Bett erspart blieb.

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Auch Gerhard Hirzinger, ehemals Direktor des Instituts für Robotik und Mechatronik beim Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt kam. Er erforscht derzeit, wie die Robotik Pflegekräfte sinnvoll bei der Arbeit unterstützen kann.

Alles ist noch am Anfang, sagt Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer. "Wir lassen uns hier viel Zeit und lassen alles prüfen, damit wir ja keinen Fehler machen."

© SZ vom 17.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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