Süddeutsche Zeitung

Gabriele Pauli und die FDP:Einsame Abgeordnete sucht ...

... eine neue politische Heimat - und das offenbar bei der FDP: Die einstige CSU-Rebellin Gabriele Pauli wurde zuletzt mehrmals auf Veranstaltungen der Liberalen gesichtet. Doch die sind darüber nur mäßig begeistert.

Andreas Ostermeier und Katja Auer

Gabriele Pauli mag nicht mehr allein sein. So sieht es zumindest aus, die fraktionslose Landtagsabgeordnete sucht offenbar Anschluss an die FDP. Am Montag war sie beim Neujahrsempfang der Fürstenfeldbrucker Liberalen in Germering. Und beim Dreikönigstreffen in Stuttgart sei sie auch gewesen, sagt sie.

Die ehemalige Fürther Landrätin hat schon einige Trennungen hinter sich. Zuerst von der CSU, der sie 30 Jahre angehörte. Sie wurde bekannt als Parteirebellin, die den Sturz Edmund Stoibers einleitete und schließlich selber CSU-Vorsitzende werden wollte. Als das fulminant scheiterte, wechselte sie zu den Freien Wählern, für die sie 2008 in den Landtag einzog. Ein paar Monate nur hielt die neue Verbindung, dann wurde Pauli aus der Fraktion ausgeschlossen und gründete schließlich ihre eigene Partei, die Freie Union. Der sie auch nicht mehr angehört.

Nun also die Liberalen. Wie Pauli kämpfen sie um das politische Überleben. Höchstens drei Prozent der Wähler würden sie aktuellen Umfragen zufolge momentan wählen - zu wenig für den Wiedereinzug in den Landtag. Und auch für die fraktionslose Pauli wäre die Arbeit im Parlament mit der Landtagswahl 2013 beendet - wenn sich nicht eine Partei findet, für die sie kandidieren kann.

Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) ist offenbar gar nicht so abgeneigt. In seiner Rede beim FDP-Neujahrsempfang in Germering warb er für "mehr Emotionalität in der Politik". Die Liberalen sollten "ihr Herz öffnen", sagte Heubisch und fügte, zu der nur wenige Meter entfernt sitzenden Pauli gewandt, hinzu, sie habe das immer gut gekonnt. "Ich kann das noch immer", gab Gabriele Pauli zurück.

Tatsächlich hatte sie beispielsweise bei ihrer Haushaltsrede im Landtag im April statt der vielen Zahlen ein "neues Gefühl in diesem Land" gefordert und die "Abwesenheit eines liebevollen und auch letztendlich göttlichen Gedankens und des Glaubens" im Hohen Haus beklagt.

Ob sie das Angebot, für eine neue Emotionalität der Liberalen zu stehen, annehmen möchte, das ließ die Landtagsabgeordnete am Montag aber nicht erkennen. Ein wenig fremdelt sie noch mit den Liberalen, monierte, dass die Partei zu wenig "kritische Distanz" zum Koalitionspartner CSU zeige und sich zu sehr auf bestimmte Wählergruppen konzentriere. Auch von Parteichef Philipp Rösler ist sie noch nicht überzeugt. Der setzt auf Wachstum, um der FDP Profil zu geben. Pauli nennt das "plakativ" und vermisst den Bezug zum "praktischen Leben".

Doch, so ist der Eindruck, von der 54 Jahre alten Politikerin aus könnte es etwas werden mit der FDP, gerade wegen des Zustands, in dem sich die Partei befindet. Denn Pauli möchte "Einfluss nehmen". Das betonte sie mehrmals - und wo ginge das besser, als in einer Partei, die nach Themen und Aufmerksamkeit sucht, um neue Wähler zu gewinnen?

Bei den Liberalen selbst hält sich die Begeisterung in Grenzen. Dabei ist die Verbindung so abwegig nicht, Landtagsvizepräsident Jörg Rohde, der Vorsitzender der mittelfränkischen FDP ist, hatte die Idee selbst schon mal. Zwischen ihrem CSU-Austritt und den umstrittenen Handschuh-Fotos in einem Hochglanzmagazin, sagt er. Damals sei Pauli sehr populär gewesen, und er habe den Parteifreunden vorgeschlagen, sich doch mit ihr zu unterhalten. Aber die Mehrheit sei dagegen gewesen.

Und heute? "Im Moment wäre sie mehr schädlich als nützlich", sagt Rohde, wenn sie jedoch anklopfe, wolle er mit ihr sprechen. "Menschlich habe ich da gar keine Berührungsängste", sagt er. Landtagsfraktionschef Thomas Hacker ist bislang nicht aufgefallen, "dass sie ihre Politik auf liberaler Programmatik gestalten will". Stattdessen habe sie eher irritierende Vorschläge gemacht wie die Ehe auf Zeit und die Installierung eines Haushaltsbeauftragten. Im Übrigen sei es ja durchaus üblich, dass Vertreter anderer Parteien bei einem Neujahrsempfang zu Gast seien, sagt Hacker. Am Freitag ist das Dreikönigstreffen der FDP in Nürnberg. Vielleicht schaut Gabriele Pauli ja vorbei. Sie sei herzlich eingeladen, sagt Rohde.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1254875
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.01.2012/bica
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.