Gabriele Pauli:Euphorie am Kaffeetisch

Gegen den Willen der Partei hat der Nürnberger Chef der Freien Wähler Gabriele Pauli als Landtagskandidatin durchgedrückt - zu Recht, wie er findet.

Olaf Przybilla

Am Ende sollen es Kaffeehausbesuche gewesen sein, die den Nürnberger Chef der Freien Wähler (FW), Jürgen Horst Dörfler, dazu bewogen haben, Gabriele Pauli gegen alle Widerstände in den eigenen Reihen als Landtagskandidatin durchzudrücken.

Gabriele Pauli: Auch nach all den negativen Schlagzeilen kann Gabriele Pauli immer noch zahlreiche Menschen für sich begeistern.

Auch nach all den negativen Schlagzeilen kann Gabriele Pauli immer noch zahlreiche Menschen für sich begeistern.

(Foto: Foto: www.seyboldpress.de)

Dörfler will dergleichen nie zuvor erlebt haben: Egal, wo er mit Pauli seinen Kaffee einnahm - immer habe sich sogleich eine Traube von Passanten gebildet, die der ehemaligen CSU-Rebellin unbedingt ihre Hochachtung hätten mitteilen wollen.

Dörfler ist Chef des mittelfränkischen Einzelhandelsverbandes. Bis zu seinem Austritt im Juni 2007 war er 23 Jahre lang Mitglied der CSU. Mit Markus Söder und Günther Beckstein duzt er sich. Aber eine solche Euphorie an einem Kaffeetisch in Franken soll ihm nirgends untergekommen sein.

Am Mittwoch wollen die Freien Wähler Mittelfrankens im Örtchen Kammerstein ihre Bezirksliste für die Landtagswahl aufstellen. Das verspricht eine kuriose Veranstaltung zu werden, denn die Frau, um die sich alles drehen dürfte, wird gar nicht anwesend sein. Gabriele Pauli feiert am Donnerstag ihren 51. Geburtstag, und sie hat den Freien Wählern hinterlegt, dass sie nicht daran denke, ausgerechnet in Kammerstein in diesen Festtag hinein zu feiern.

Pauli macht Urlaub in der Türkei, am 6. Juli wird sie zurückkehren und dann auch über ihre Ambitionen in Nürnberg Rechenschaft ablegen. Einstweilen bleibt Dörfler ihr Statthalter, der sie seit Samstag zwar telefonisch auch nicht mehr erreichen kann, aber zu berichten weiß, dass Pauli am 28. September als Landtagskandidatin für die Freien antreten will.

Auf einen vorderen Listenrang lege sie keinen Wert, mit Platz zehn soll sie schon zufrieden sein. Bedingung sei dagegen die Kandidatur in Nürnberg-Nord, also im Stimmkreis von Günther Beckstein. Wenn sie schon antrete, dann nur gegen Beckstein, soll Pauli erklärt haben.

Eigentlich ist das Dörflers Stimmkreis. Auf Paulis Geheiß aber tritt er nun im Westen der Stadt an - gegen Söder, mit dem er sechs Jahre lang die Geschicke der Jungen Union geleitet hatte.

Man kann nicht sagen, dass Dörfler mit seiner Anwerbung für ungeteilte Begeisterung bei den Freien Wählern sorgen würde. Hubert Aiwanger, der Landeschef, äußert sich "nicht gerade begeistert" über den Neuzugang aus Zirndorf.

Aiwanger war es, der nach dem CSU-Austritt Paulis von einem verstopften Postkasten zu berichten wusste - gefüllt von empörten FW-Mitgliedern, die vor einer Aufnahme der Politikerin warnten. In Fürth-Land hatte der FW-Kreischef Franz Xaver Forman unmissverständlich signalisiert, dass Pauli dort nicht willkommen sei.

Forman soll Dörfler kürzlich dafür gedankt haben, dass dieser ihn vor Pauli bewahrt habe. Im ländlichen Raum, erklärt Forman, sei die schrille Kandidatin nicht vermittelbar - in der Halbmillionenstadt Nürnberg sehe das anders aus.

Und besonders in Nürnberg-Nord. Das Viertel hinter der Nürnberger Festung gilt als akademisch geprägt, vor allem die Grünen machen der CSU dort das Leben schwer. Zwar gelang es Günther Beckstein vor fünf Jahren, den Stimmkreis zu erobern. Zuvor aber musste er sich gleich zweimal Renate Schmidt (SPD) geschlagen geben.

Nun soll dort Pauli angreifen. Dörfler will seinen Vorschlag am Mittwoch unter keinen Umständen mehr zurückziehen. Mit dem Widerstand von FW-Landeschef Aiwanger habe er gerechnet. "Aber den kennt in Franken ja kaum jemand", sagt Dörfler.

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