Süddeutsche Zeitung

Staatsgipfel in Elmau:G-7-Gegner bereiten sich auf Protestaktionen vor

Zum Treffen der G 7 Ende Juni auf Schloss Elmau kündigen zahlreiche Gruppen Demos und Aktionen an - und auch "zivilen Ungehorsam".

Von Matthias Köpf

Die Vorbereitungszeit sei kurz für diesen zweiten G-7-Gipfel auf Schloss Elmau. So heißt es von Polizei und Behörden, seit die neue Bundesregierung im Herbst beschlossen hat, das Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen vom 26. bis 28. Juni noch einmal am selben Ort stattfinden zu lassen wie 2015. Doch nicht nur in Ämtern und Präsidien herrscht seither große Betriebsamkeit, sondern auch bei denjenigen, die man von dort aus größtenteils auf der anderen Seite vermutet. Und genau wie die Sicherheitsbehörden können auch die Gipfelkritiker und G-7-Gegner auf bewährte Konzepte von 2015 zurückgreifen.

Denn wenn sich die G 7 wieder in Elmau treffen statt nur per Videokonferenz wie am vergangenen Sonntag, dann eröffnet das dort auch wieder Möglichkeiten für Proteste. Nur könnten diese Proteste etwa durch den russischen Krieg in der Ukraine und durch die fortschreitende Klimakrise heuer andere sein als 2015.

Susanne Egli zum Beispiel ist sich "relativ sicher, dass die Proteste sich verändern werden". Egli ist Sprecherin von Extinction Rebellion, einer Gruppe, die ihre Forderung nach Klimaschutz auch mit Aktionen verdeutlicht, die über bloßes Demonstrieren hinausgehen. Demonstrationen soll es freilich auch wieder geben zum Gipfel. Die größte wird wohl auch dieses Mal in München stattfinden: Mehr als ein Dutzend durchaus bürgerlicher Organisationen erwarten für den 25. Juni Tausende Teilnehmer aus Deutschland und ganz Europa zu einer Großdemonstration, nach bisheriger Planung möglichst auf der Theresienwiese. Dazu aufgerufen haben etwa die Globalisierungskritiker von Attac, der Bund Naturschutz, der WWF, die Welthungerhilfe und die kirchlichen Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt.

Die Aktivisten fordern, die "Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle zu beenden"

Sie alle verlangen von den versammelten Staatschefs, "Konsequenzen aus dem russischen Krieg gegen die Ukraine zu ziehen und die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle zu beenden. Die G-7-Mitglieder müssen endlich entschlossen gegen die Klimakrise und das Artensterben handeln und Hunger, Armut und Ungleichheit bekämpfen".

Mit diesen Forderungen und der Großdemonstration in München kann sich auch das Bündnis "Stop G 7 Elmau" identifizieren - nach eigenen Angaben ein Zusammenschluss klimaaktivistischer, kapitalismuskritischer, feministischer und antimilitaristischer Gruppen. Das Bündnis hat darüber hinaus für den ersten Gipfeltag eine Demonstration in Garmisch-Partenkirchen angemeldet und wird dort ein mehrtägiges "Aktionscamp" auf einer Wiese an der Loisach veranstalten.

Auch ein solches Camp hatte es schon 2015 gegeben, damals mit Verweis auf den Hochwasserschutz untersagt und erst vom Verwaltungsgericht genehmigt. 2015 hatten dort zeitweise mehr als 1000 Menschen in Zelten übernachtet. Angemeldet ist das Camp dieses Mal für 750 Teilnehmer.

18 000 Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet

Dass die Stop-G-7-Aktivisten auch drei "Dauerkundgebungen" für 2500 Teilnehmer in Garmisch-Partenkirchen, Krün und dem kleinen Ort Klais am Eingang zum Elmauer Tal angemeldet haben, hat dagegen eher strategische Gründe. Auf den freien Zugang zu diesen Kundgebungen wollen sich die Aktivisten berufen können, wenn sie von der Polizei angehalten werden.

Die wird nach jüngsten Andeutungen von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wieder mindestens 18 000 Beamte aus dem ganzen Bundesgebiet zusammenziehen, um den Gipfel, die Umgebung, den Münchner Flughafen und die angekündigten Demonstrationen zu sichern.

Die Aktivisten kündigen auch "zivilen Ungehorsam" an

Angesichts eines solchen Aufgebots und des 16 Kilometer langen Zauns rund um Elmau "brauchen wir uns nicht vormachen, dass wir direkt in der Nähe der Verhandlungen großartig zivilen Ungehorsam betreiben können", sagt Klima-Aktivistin Susanne Egli. "Eine Aktion im Bereich des zivilen Ungehorsams" soll es aber durchaus geben, das hat das Bündnis "Stop G 7 Elmau" laut seiner Sprecherin Lisa Pöttinger verabredet. Details will Pöttinger dazu nicht nennen. Sie erwarte im Umfeld des Gipfels vielleicht andere, aber wohl keine größeren Proteste als 2015. Grundsätzlich wolle man ohnehin dezentral und auf der ganzen Welt Menschen auf die Straße bringen.

Das Bündnis, zu dem auch Exctinction Rebellion und "Fridays for Future" zählen, will dazu die Forderungen der Initiative "Debt for Climate - Schuldenerlass fürs Klima" in den Fokus rücken. Der Aktivist Esteban Servat, der vor Todesdrohungen aus Argentinien nach Berlin geflohen ist, hat sie am Mittwoch in München vorgestellt. Demnach sind die Schulden des globalen Südens bei den G-7-Staaten der gemeinsame Nenner vieler globaler Probleme. Unter dem Druck müssten die Staaten des Südens Ressourcen wie fossile Energievorräte ausbeuten.

So hängen für Servat die globale Ungerechtigkeit und die Klimakrise zusammen, weshalb Klimaaktivisten und Gewerkschaften gemeinsam dagegen kämpfen müssten. Die G 7 müssten die Schulden erlassen, um eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen - und um selbst einen kleinen Teil der ökologischen Schulden abzutragen, die sie durch ihre Wirtschaftsweise aufgehäuft hätten.

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