Süddeutsche Zeitung

Fußballgolf-Meisterschaft:Torwandschießen in der Horizontalen

Stadion-Atmosphäre und Golfer-Etikette: Fußballgolf ist in Skandinavien längst ein Trend. Im niederbayerischen Bodenkirchen fand nun die sechste Deutsche Meisterschaft der außergewöhnlichen Freizeitbeschäftigung statt.

Christian Vooren

"Was für ein super Putt", brüllt ein Zuschauer einmal quer über den Golfplatz, um seine Bewunderung für eine junge Spielerin anschließend mit einem lauten Pfiff zu bekräftigen. Auf einer normalen Golfanlage undenkbar - dort spielt man ruhig und diszipliniert. Doch hier wird Fußballgolf gespielt, es herrscht ein gesunder Mix aus Stadion-Atmosphäre und Golfer-Etikette.

Am Spielfeldrand sitzen Männer und Frauen in kurzen Hosen und Fußballtrikots, genießen ihr kaltes Bier und fachsimpeln über die letzte gespielte Runde, während aus den Boxen "What's the story morning glory" von Oasis schallt.

Fußballgolf ist in Skandinavien bereits weit verbreitet. Mehr und mehr findet die außergewöhnliche Freizeitbeschäftigung auch in Deutschland Anklang, am Wochenende fand in Bodenkirchen die mittlerweile sechste Deutsche Meisterschaft statt. Die Regeln des Sports sind schnell erklärt. Das Ziel ist es - wie beim Golf - einen Ball mit möglichst wenigen Schlägen in ein Loch oder ein Netz zu versenken. Nur ist der Ball um einige Nummern größer, und man braucht keine Schläger, denn es wird gekickt. Gespielt wird meist auf 18 Spielbahnen, die an eine überdimensionierte Minigolf-Anlage erinnern.

25.000 Quadratmeter groß ist die Fußballgolfanlage in Bodenkirchen - der erste von inzwischen drei Plätzen in Bayern. Betrieben wird die Anlage von Franz Ohneis. Ein Hobby, sagt er. Umso weniger kann er seinen Stolz verbergen, dass seine Anlage von der "World Football Golf Association" lizenziert ist.

Dass Ohneis zum Fußballgolf kam, war fast zwangsläufig: 2003 hatte ihm seine Frau ein Golfset zum Geburtstag geschenkt, doch schon nach wenigen Schlägen war ihm klar geworden, dass dieser Sport nicht für den leidenschaftlichen Fußballer gemacht ist. Schon damals kam ihm die Idee vom Fußballgolf, auch Soccergolf genannt. Doch es dauerte fünf Jahre, bis er im Internet auf eine Fußballgolfanlage im pfälzischen Dirmstein stieß. Sofort setzte er sich mit seinem Sohn ins Auto, um den Platz zu besichtigen. Noch auf dem Rückweg beschlossen sie, selbst eine Anlage zu bauen.

"Da muss man ganz ruhig drangehen"

Erich Thalmeier machen auf der Anlage nur Wenige etwas vor. Das liegt nicht nur daran, dass der Architekt den Platz mit Ohneis geplant hat, er spielte selbst Jahrzehnte lang Fußball und ist obendrein passionierter Golfer. Erfahrung und Schusstechnik aus früheren Tagen kann er immer noch gut brauchen. Entscheidend sei aber die Selbstbeherrschung des Golfers: "Es kommt auf die Konzentration vor dem Loch an. Da muss man ganz ruhig drangehen."

Tatsächlich fehlt es dem typischen Anfänger genau an dieser Disziplin. Dann spring der Ball wieder und wieder am Rande des Lochs vorbei und landet im hohen Gras - dem Rough. Oder er will besonders selbstbewusst spielen und verfehlt das Hindernis, das wie beim Minigolf durchspielt werden muss, um Haaresbreite.

Nur die wenigstens Spieler bringen Erfahrung aus beiden Sportarten mit. Tochter Anita Ohneis, Bayerische Fußballgolf-Vize-Meisterin, weiß einen Golfer trotzdem zu erkennen: "Die holen meist mit dem Fuß mehrmals aus, wie mit einem Golfschläger." Ihr Vater ist sich aber sicher: Erfahrung im Fußball bringt mehr Vorteile als die aus dem Golf.

BVB-Star auf Socken

Trotzdem ist ein guter Fußballer nicht gleich ein guter Fußballgolfer, wie er im vergangenen Jahr an Bundesliga-Profi Mats Hummels beobachten konnte - der schoss den ersten Ball gleich meterweit ins Aus. "Ich habe den erst gar nicht erkannt, weil das so grobmotorisch aussah", erinnert sich Ohneis. Zur Ehrenrettung: Weil selbst der BVB-Star nicht mit Fußballschuhen auf das Grün durfte, musste er auf Socken spielen.

Fußballprofis sind in Bodenkirchen eher die Ausnahme, meist kicken Schulklassen, Vereine oder Teilnehmer eines Junggesellenabschieds. Viele Besucher kommen nach dem ersten Mal wieder. Alex Wessels etwa reist etwa einmal im Jahr aus Nürnberg an. Mit seinem Bart und den langen Haaren sieht er ein bisschen aus wie ein Rockstar. Er spiele gerne Fußball, nur mit dem Laufen habe er es nicht so, sagt er lachend, während er sich mit Pommes und Currywurst für die nächste Runde stärkt.

Er ist einer von gut 50 Teilnehmern, ist aber nicht auf den Titel aus. Er will seine Schlagzahl verbessern. Doch auch wenn es bei der Meisterschaft vor allem um den Spaß geht: Die Konkurrenz wird größer werden, da ist sich Franz Ohneis sicher: "Fußballgolf verbreitet sich immer mehr, aber wir stehen gerade erst in den Startlöchern."

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Quelle:
SZ vom 05.09.2011
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