König Ludwig:Investor plant Shopping-Center mit Blick auf Neuschwanstein

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Es soll neben dem König-Ludwig-Festspielhaus in Füssen entstehen, das zum Verkauf steht.

Von Stefan Mayr, Füssen

Was war das damals für ein Auftrieb zur Eröffnung des Füssener Festspielhauses im April 2000. Welch hohe Erwartungen setzten die 1400 geladenen Gäste in den großen neuen Theaterbau am Ufer des Forggensees. Fußballkaiser Franz Beckenbauer war da, Schauspieler Hans Clarin, Ministerpräsident Edmund Stoiber und etliche Kabinettskollegen.

Vor der Weltpremiere des Musicals "Ludwig II. - Sehnsucht nach dem Paradies" prophezeite der damalige Oberbürgermeister Paul Wengert: "Mit dem Musical beginnt für Füssen eine neue Epoche."

Es kam etwas anders: Der Betreiber des Festspielhauses hat im Juli Insolvenz angemeldet, und nun machen auch noch Pläne eines möglichen Investors die Runde, der zu Füßen von Neuschwanstein ein Outlet-Shopping-Center bauen will. "Neben einem Kulturtempel soll ein Konsumtempel entstehen", zitiert die Augsburger Allgemeine den Konstanzer Geschäftsmann Jan D. Leuze. Die "zentrale Figur" im "kulturellen Konzept" des Einkaufszentrums solle König Ludwig II. sein.

Kultur
:Festspielhaus Füssen ist pleite

Aber die Premiere des Musicals Ludwig² ist durch Insolvenz nicht gefährdet.

Ein Kini-Schnäppchenmarkt zu Füßen des Märchenschlosses? Quasi der King for Sale? Leuze baut in Hessen und Niedersachsen gerade in leer stehenden Kaufhäusern in Citylage ganz ähnliche Shopping-Malls: Das "Wilhelms" in Wilhelmshaven soll an Kaiser Wilhelm erinnern und trägt einen gezwirbelten Bart im Logo, es soll 2017 eröffnen.

Und im "Barbarossa City Outlet " in Gelnhausen sollen ab 2018 im Namen des Kaisers Friedrich I. verbilligte Modewaren verkauft werden. Jan Leuze betont allerdings, dass es keinen "Mode-Ramsch" geben wird, sondern "nur allerhöchste Qualitätsware".

Wird also ein "Ludwigs" in Füssen kommen? Die Politiker aus dem Ostallgäu sind alles andere als begeistert. "Das wäre ein absolutes Downgrading", sagt die Ostallgäuer Landrätin Maria Rita Zinnecker (CSU). Der Standort des Festspielhauses sei "einer der schönsten Plätze im Allgäu, wenn nicht sogar in ganz Bayern", sagt Zinnecker, "in einem Konsumtempel-Anbau sehe ich keine nachhaltige Nutzung, die in diese Region passt." Füssens aktueller Oberbürgermeister Paul Iacob (SPD) sieht das ähnlich: "Seitdem die Idee Outlet-Center kursiert, habe ich viele Anrufe erhalten, die ein großes Fragezeichen hinter dieses Projekt setzen."

Iacob und Zinnecker gehen davon aus, dass es an dieser Stelle keine Baugenehmigung für ein Outlet-Center geben werde. Dennoch wollen sie nicht ausschließen, dass der Münchner Insolvenzverwalter Marco Liebler das Haus an Leuze verkaufen wird. Und an dieser Stelle wird die Problem-Immobilie Festspielhaus endgültig zur Füssener Farce. "Wir haben wenig Einfluss auf den Insolvenzverwalter, er nimmt wohl das Angebot, das am meisten Geld einbringt, aber ob das im Sinne der Stadt und des Landkreises ist, bezweifle ich."

Niemand kommt an den Insolvenzverwalter ran

Oberbürgermeister Iacob übt scharfe Kritik an Insolvenzverwalter Liebler: "Seine Informationspolitik ist absolut nicht korrekt." Die Stadt sei erstens Gläubiger und zweitens jene Behörde, mit der mögliche Käufer des Festspielhauses ihre Pläne abstimmen müssen. "Aber wenn ich nicht aufdringlich gewesen wäre, wüsste ich bis heute gar nichts."

Iacob berichtet auch von einigen Kaufinteressenten, "die sich an mich wenden, weil sie gerne mit Herrn Liebler sprechen wollen, aber nicht an ihn herankommen". Marco Liebler wollte am Dienstag zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen. Per Pressemitteilung hatte er bereits Anfang September mitgeteilt, dass er den Kaufvertrag bis Ende September abschließen will.

OB Iacob und Landrätin Zinnecker können sich schon eher vorstellen, dass das Festspielhaus mit einem Anbau für ein Vier-Sterne-Hotel ergänzt wird. Ein entsprechendes Konzept eines Kaufinteressenten liegt auch bereits vor. Der Stadtrat hat die Pläne in nichtöffentlicher Sitzung sogar schon abgesegnet, auch das Landratsamt hat seine Zustimmung signalisiert.

Neben einem Hotel soll die Zukunft des Festspielhauses auf vier weitere Säulen gestützt werden: Kultur und Theater, Kunstausstellungen und Auktionen, Erlebnisgastronomie mit Panorama-Restaurants und Spitzenküche und Themen-Cafés sowie Events wie "Oktoberfest", Open-Air-Konzerte und Firmen-Veranstaltungen. Hinter diesen Plänen steht eine solvente Investorengruppe mit prominenten Namen, wie der Treuhänder Hartmut Oldenburg betont. Beide Investoren beteuern, dass sie die bisherigen Mitarbeiter weiterbeschäftigen wollen.

Eine niedrige zweistellige Millionensumme

Wer am Ende das Rennen macht, wird womöglich über den Kaufpreis entschieden. Anno 2000 kostete das Haus 74 Millionen Mark. Jetzt soll angeblich eine niedrige zweistellige Millionensumme gefordert werden. Für den Neubau wurde extra eine Insel im Forggensee aufgeschüttet, die Adresse "Im See 1" stand damals noch für die Extravaganz des 1400-Besucher-Hauses. Heute verleitet sie eher zum bitteren Spott: Im See? Das klingt, als wäre diese Immobilie kurz vor dem Untergang. Oder schon mittendrin.

Zum Projekt Ludwigs-Outlet hat Luitpold von Bayern, ein entfernter Verwandter von König Ludwig II. und Geschäftsführer der "Schloss Kaltenberg Königliche Holding und Lizenz KG", eine explizite Meinung: "Wir sind urheberrechtlich relativ gut aufgestellt, ich werde alles tun, um so einen Blödsinn zu verhindern."

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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