Freizeitvergnügen:Schwimmbäder: Alle im Fluss

Freibad Eichmühle

Sonne, Wasser, Wiese: Mehr braucht es nicht für einen gelungenen Schwimmausflug ins Naturfreibad Eichmühle in Bad Tölz.

(Foto: Manfred Neubauer)

Einst waren sie riesige Abenteuerspielplätze, dann wurden die Wasserläufe in Bayern als Kloaken missbraucht. Inzwischen sind die Flüsse wieder sauber - und haben viele Fans.

Von Hans Kratzer

Nach alter Gewohnheit hat der Chieminger Franz Wiesholler im vorigen Sommer den Chiemsee durchschwommen, und das im 88. Lebensjahr. Zu solchen Leistungen sind nur Naturburschen fähig, die sich nie der Gefahr der Verweichlichung ausgesetzt haben.

Wiesholler ist in einer Zeit aufgewachsen, in der es keine Schwimmkurse und Freibäder gab. "Uns hat keiner das Schwimmen beigebracht", sagt er, "aber wir haben trotzdem gewusst, wie wir uns im Wasser verhalten mussten. Wir kannten die Gefahr." Das war in den Flussbädern überlebensnotwendig. Ihre große Zeit endete in den 80er Jahren, als die Wasserqualität sich verschlechterte. Heute bieten die meisten Flussbäder endlich wieder ungetrübte Badefreuden.

Vor hundert Jahren waren Naturbäder oft noch eine elitäre Angelegenheit. Eine alte Aufnahme zeigt den Prinzregenten Luitpold, wie er badend in der Würm steht. Das Münchner Arbeiterkind Josefa Halbinger, Jahrgang 1900, sagte dagegen: "Schwimmen, das hat's ja damals überhaupt noch nicht gegeben." Die Nazis wiederum schikanierten die Schüler, indem sie von ihnen einen Kopfsprung vom Dreier verlangten. Dabei wusste jeder, dass viele Parteibonzen selber nicht schwimmen konnten.

Der Main dagegen war schon früh mit Schwimmern bevölkert, wie der Heimatforscher Ludwig Leisentritt herausgefunden hat. Im 19. Jahrhundert förderten die fränkischen Ämter das Baden im Fluss. Später sah die Bade-Logistik streng nach Geschlechtern getrennte Badebereiche vor. Bretterwände sollten die badenden Frauen vor neugierigen Blicken schützen.

Erst die schwimmkursorientierte Freibadkultur machte nach dem Krieg viele Kinder zu guten Schwimmern. Bis die Spaßbadkultur und die familiäre Überbehütung zuletzt wieder eine Generation von Nichtschwimmern hervorgebracht hat.

Mancher Ausflug in den Fluss hat tödlich geendet

Wie sehr ein Flussbad ein Leben prägen konnte, belegt der Prager Dichter Franz Kafka. Er notierte am 2. August 1914 lapidar: "Deutschland hat Rußland den Krieg erklärt - Nachmittags Schwimmschule." Das war ein Flussbad am Moldauufer, wo Kafka das Schwimmen als archaische Erfahrung erlebte. Ähnlich ging es auch dem Künstler Anton Kirchmair aus Haidmühle, dessen Leben die Isar prägte. "Wir sind als Kinder durch die Walzen hindurch getaucht, was das Gefährlichste war. Aber das haben wir gewusst. Weil uns die Erwachsenen die Kehrwasser zeigten, wo wir wieder rauskamen."

Leichtsinn hat auch Ludwig Fichtlscherer erlebt, der in Regensburg aufgewachsen ist. Vor dem Krieg seien sie als Kinder den ganzen Tag an der Donau gewesen, erinnert er sich. Übermütige seien aber manchmal ertrunken, wenn sie in die Strudel unterhalb der Steinernen Brücke gerieten. Andere konnten der Versuchung nicht widerstehen, aus den sandigen Flussböden Munition und Handgranaten herauszutauchen.

Nicht immer nahm dieser Leichtsinn ein so gutes Ende wie ein kindliches Passionsspiel in Oberammergau, von dem der Karikaturist Ernst Maria Lang erzählte. Da stürzte das Kreuz mit seinem daran verschnürten Vetter in einen Fluss und trieb davon. Dass er gerettet wurde, hatte er einem guten Schwimmer zu verdanken, der das Unglück beobachtet hatte.

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