Freizeit:Der Horror des Resturlaubs

Nebelschwaden im Bayerischen Wald

Nebelschwaden ziehen über die Bäume im Bayerischen Wald. Und da soll der Büromensch jetzt raus? Manche verbringen da sogar ihren Dauerresturlaub!

(Foto: armin weigel/dpa)

Bis Ende März werden Büromenschen wieder gnadenlos vor die Tür gesetzt, dabei ist Urlaub nichts als eine idiotische, neuzeitliche Erfindung.

Glosse von Sebastian Beck

Weihnachten ist endlich vorbei, jetzt beginnt die harte, gnadenlose Zeit des Resturlaubs, die bis Ende März währt. Büromenschen werden von ihren Arbeitgebern einfach vor die Tür gesetzt. Da draußen in der Welt ist es grell, kalt, zugig, kantinenlos. Oft gibt es nicht einmal LTE, sondern nur Edge mit höchstens 150 kBit pro Sekunde. So kann kein Mensch vernünftig leben, geschweige denn Fotos auf Whatsapp hochladen. Schlimmstenfalls muss man tatsächlich Zwangsurlaub machen und für 140 Euro pro Woche in den Singleurlaub nach Hurghada fliegen, wo das Wlan auch dauernd hängt.

Urlaub ist im Grunde eine idiotische, neuzeitliche Erfindung. Hätte man einen Steinzeitmenschen gefragt, ob er nicht mal Urlaub von der ganzen Jagd und Sammlerei braucht, ob er nicht mal eine Woche in einer anderen Höhle pennen möchte, man hätte wahrscheinlich verständnislose Blicke geerntet.

Das blieb bis ins 20. Jahrhundert so: Tante H. beispielsweise, eine Bäuerin, hat erst ganz am Ende ihres Lebens den ersten Urlaub gemacht, nachdem der Mann, den sie gepflegt hatte, gestorben war. Sie ist dann mit einem jener Busunternehmen herumgefahren, die ihre Kundschaft in den Dörfern einsammeln, was manchmal noch länger dauert als die eigentliche, zwanzigstündige Fahrt zum Ziel. Immerhin hat sie es auf diese Weise bis nach Lourdes geschafft, Hurghada wäre mit ihr nicht zu machen gewesen.

Oder der Schnupfer-Xare, der auch weit hinten in Bayern wohnt. Seinen Hut schmückt eine stolze Auerhahnfeder. Er kann sich - wie sein Name nahelegt - eine Linie Schmalzler reinziehen, als sei er ein Vorwerk-Staubsauger, was ihm eine gewisse Berühmtheit in der Gegend von Lohberghütte eingebracht hat. Nach Jahrzehnten der Arbeit als Schweißer ist er in Rente. Und obwohl er auf die Siebzig zugeht, hat der Xare in seinem Leben erst zweimal so eine Art Urlaub gemacht, und zwar im Allgäu.

Da war es zwar nicht schlecht, wie er versichert, aber auch nicht so, dass er gleich ein drittes Mal hinfahren musste. Außerdem hat er eh keine Zeit. Er besitzt ein ausgedehntes Waldstück, in dem er ab und an einen Baum umhaut oder Brennholz macht. Er macht da sozusagen Dauerresturlaub. Der Xare ist ein beneidenswerter Mann.

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