Freising:Fische mit Malachitgrün belastet

Birnbaum's Fischzucht

Malachit ist in der Fischzucht verboten (Symbolbild).

(Foto: Jakob Berr)
  • In Freising hat ein Forellenzüchter in einige seiner Teiche das Tierarzneimittel Malachitgrün eingebracht.
  • Am Dienstag sind in der Isar bei Freising auf Wunsch des Umweltministeriums Fische gefangen worden.
  • Bereits seit September ist der Fall bei den zuständigen Behörden aktenkundig.

Von Alexandra Vettori und Rudolf Neumaier

Es ging auf einmal recht schnell. Am Dienstag sind in der Isar bei Freising auf ministeriellen Wunsch Fische gefangen worden. Sie dienen einer Untersuchung, ob und wie stark sie mit der Chemikalie Malachitgrün belastet sind.

Bis es zu diesen Ermittlungen kam, sind Monate vergangen. Monate, in denen die Behörden wenig unternommen haben, wie das Bayerische Fernsehen am vergangenen Donnerstag in seiner Sendung "Quer" insinuierte. Jedenfalls beklagte der BR in dem Bericht als "das Absurde an der Geschichte", dass "die Öffentlichkeit über Monate nichts" vom Freisinger Malachit-Skandal erfahren habe. Stimmt. Bereits seit September ist der Fall bei den zuständigen Behörden aktenkundig. Aber es stimmt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ebenfalls, dass drei Journalisten des Bayerischen Rundfunks selbst schon im November davon Kenntnis hatten, detailliert nachfragten - dann aber nicht berichteten. "Mich hat es selbst gewundert, dass so lange nichts berichtet wurde", sagt eine Beteiligte, die nicht namentlich zitiert werden will. Zum traditionellen Fischessen am Aschermittwoch habe das Thema dann wohl gepasst.

Der Vorgang ist heikel. In Freising hatte ein Forellenzüchter in einige seiner Teiche das Tierarzneimittel Malachitgrün eingebracht. Diese Substanz ist seit 15 Jahren verboten. Die fragliche Anlage und auch die Teiche eines unterhalb an der Moosach gelegenen Betriebes werden gesperrt. Das Landratsamt Freising reicht den Fall an das Umweltministerium weiter, Kripo und Staatsanwaltschaft ermitteln. Der Bayerische Rundfunk bekommt Wind von der Geschichte. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gibt es erste konkrete Behördenanfragen des BR Mitte November, eine Stellungnahme zu den Anfragen geht angeblich kurz nach Silvester an die BR-Redaktion. Absender ist das Landratsamt Freising. Eine involvierte Person wundert sich, "wie gut die schon in Einzelheiten Bescheid wussten". Berichtet aber wurde nicht. Namentlich will auch diese Person nicht genannt werden, sie will es sich nicht verscherzen.

Nun kommt es schon mal vor, dass Geschichten in Redaktionen liegen bleiben - auch in der SZ. Warum die Geschichte erst im März gesendet wurde, erklärt der BR auf Nachfrage so: Eine Verifizierung des in Freising kursierenden Gerüchtes sei "nicht möglich" gewesen. Erst im Februar habe sich ein Informant an den Sender gewandt, daraufhin habe man "nach den Grundsätzen der journalistischen Sorgfaltspflicht" Anfragen gestellt.

Die Behörden informierten nicht, und der BR berichtete weder darüber, was er wusste, noch darüber, dass die Behörden mauern - was zumal bei Umwelt- oder Lebensmittelskandalen ein üblicher journalistischer Reflex wäre. Also erfuhren die Fischer vom Anglerverein Moosburg nicht, was sie aßen, als sie ihre Herbstforellen kochten. Sie hatten die Fische noch im September von jenem Freisinger Forellenzüchter gekauft und eingesetzt, der im Visier der Staatsanwaltschaft ist. Wer in der Fangzeit zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember eine solche Regenbogenforelle erwischte, hatte eine schuppige Ladung Malachitgrün am Haken. Und dann auch in der Pfanne. Auf eine potenziell gesundheitsgefährdende Mahlzeit hätte wohl jeder Moosburger Angler verzichtet - wenn er Hinweise auf den Fischzucht-Skandal gehabt hätte, sei es von Behörden, von der Justiz oder aus dem Radio.

Als ihn der BR am Abend vor Aschermittwoch öffentlich machte, wurden die Moosburger Angler stutzig und ließen Forellen untersuchen, die sie im Kühlfach hatten. Ergebnis: Die Fische waren stark mit Malachit belastet. Leidtragend sind nicht nur die Moosburger Angler. Noch härter trifft es den Unterlieger des Malachitgrün-Züchters. Inhaber Peter Baumgartner spricht von bislang rund 300 000 Euro Schaden. Die Haftpflichtversicherung des Verursachers trete dafür noch nicht ein. Allmählich gehen ihm die Mittel aus, um die 30 Tonnen Fische zu füttern, die er derzeit nicht verkaufen darf. Könnte er nicht seine weithin bekannten Steckerlfische in der Schlossaallee bei Haag an der Amper feilbieten, "wäre ich am Ende", sagt er.

Anmerkung der Redaktion:

Der Bayerische Rundfunk weist Vorwürfe der Süddeutschen Zeitung im Zusammenhang mit seiner Berichterstattung über mit Malachitgrün belastete Fische zurück. In dem obigen Beitrag vom 28. März erwecke die SZ den Eindruck, dass der BR bereits im November alle Fakten gekannt habe. "Tatsächlich hatten die Reporter damals keine Kenntnisse über die Sachlage vorliegen, sondern nur Gerüchte gehört", schreibt der BR.

Die SZ suggeriere außerdem, dass die Behörde die Reporter umfassend informiert habe und der BR absichtlich nicht berichtete. "Das ist falsch", stellt der BR fest. Vielmehr habe das Landratsamt Freising sowohl im November als auch im Dezember ein Interview abgelehnt. Erst am 2. Januar habe der BR eine schriftliche Antwort der Behörde erhalten, wonach keine Fische in Verzehr und Verkauf gelangt seien und keine Gesundheitsgefahr bestehe.

Die Autoren hätten zu diesem Zeitpunkt die Darstellung nicht mit Belegen entkräften können, eine seriöse Berichterstattung sei nicht möglich gewesen. "Der BR veröffentlicht investigative Recherchen, sobald sie wasserdicht sind", schreibt der BR. Ohne die intensiven und sauberen Recherchen wäre der Skandal womöglich bis heute nicht an die Öffentlichkeit gekommen.

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