Süddeutsche Zeitung

Oh, Shrek!:Halloween mit Söder & Co.

Süßes oder Saures? Warum man das bayerische Kabinett abends ungern vor der Tür stehen haben möchte.

Glosse von Franz Kotteder

Viele schöne bayerische Volksbräuche sind inzwischen leider vergessen. So war es früher in der Freinacht vor dem 1. Mai immer eine Fetzengaudi, den verhauten Opel Manta der Nachbarn in Klopapier einzuwickeln und sich krank zu lachen, wenn die das am nächsten Morgen entdeckten. Heute fahren die Nachbarn keinen stinkenden Verbrenner mehr, sondern ein Lastenfahrrad, und das Klopapier wird im verschlossenen Keller gehortet, weil ja wieder eine Pandemie daherkommen könnte.

Dafür haben die Bayern inzwischen den amerikanischen Brauch des Halloween übernommen. Das ist so eine Art Walpurgisnacht, in der Kinder sich als böse Geister verkleiden, an der Haustür klingeln und fragen: "Süßes oder Saures?" Anders als bei den Heiligen Drei Königen sind der Kreativität bei der Kostümierung keine Grenzen gesetzt. Es ist aber merkwürdig, dass die Landespolitik bei diesem Fest des Gruselns bisher so gar keine Rolle spielt.

Gut, die bayerische SPD hat ihren Schrecken längst verloren, da half auch nichts, dass sie jetzt das Gifthaferl Florian von Brunn zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl machte. Dafür wäre aber der Twitter-Schreck Hubert Aiwanger, der in den sozialen Medien kritische Stimmen erst runterbürstelt und dann blockt, hervorragend geeignet. Besser als jede Guy-Fawkes-Maske wäre doch eine mit dem Antlitz vom Aiwanger? Wenn der an der Türe steht, daneben vielleicht ein Winnetou - da wird einem doch ganz anders. Und wenn dann noch die Horrorfrage kommt: "Brennholz oder Wasserstoff?", dann ist's ganz aus.

Weil wir gerade bei Masken sind: Jemand von der CSU wäre noch gut, die sind da ja Spezialisten. Markus Söder vielleicht weniger, "Süßes oder Saures?" käme ihm kaum von den Lippen. Wie man ihn, den Wanderer zwischen den Extremen, so kennt, käme eher ein diabolisches: "Heute süß, morgen sauer?" dabei heraus. Nach der Wahl aber ist eh wieder alles ganz anders. Soll nochmal einer seinen Vorgänger "Drehhofer" nennen.

Als vierten im Bunde hätten wir gerne noch den einstigen österreichischen Hoffnungsträger Sebastian Kurz, von dem die CSU mal so begeistert war. Wie sieht's da jetzt aus? Hallo, Wien? (Womit auch dieser schlechte Kalauer endlich mal in der SZ gelandet wäre.) Schlecht schaut's aus, schon klar. Aber das ist ja der Sinn von Halloween. Und womöglich wählt man auch in der Politik gerade die, vor denen einen insgeheim doch ganz schön gruselt.

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SZ/gru
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