Süddeutsche Zeitung

Freie Wähler:Legal heißt nicht automatisch legitim

Parteien brauchen Geld, um ihre Aufgaben im Dienste der Demokratie zu erfüllen. Die Finanzgeschäfte der Freien Wähler aber erwecken einen fatalen Eindruck.

Kommentar von Uwe Ritzer

Am Samstag beim CSU-Parteitag in der Kleinen Olympiahalle: Im Foyer drängeln sich die Stände von Sponsoren und Lobbyisten, vom Bauernverband bis zu Bayerns Metallarbeitgebern. Drinnen im Saal legt Ministerpräsident und Parteichef Markus Söder ein flammendes Bekenntnis zur Autoindustrie ab. Und hätte er länger geredet, wäre ihm bestimmt auch noch etwas zur Landwirtschaftspolitik eingefallen, das die Herzen der Bauernverbands-Lobbyisten erwärmt hätte. Ist Politik also doch käuflich?

Ganz sicher nicht mit einem Werbestand am Parteitag. Große Parteispenden von Konzernen, Lobbyverbänden oder reichen Menschen mit ganz eigenen Interessen hinterlassen jedoch bisweilen das ungute Gefühl, hier könnten durchaus zumindest Abhängigkeiten entstehen, die Einfluss haben auf politische Entscheidungen. Andererseits brauchen Parteien Geld - und irgendwoher muss es kommen.

Die Beiträge der Mitglieder und die Abgaben von Mandatsträgern reichen bei Weitem nicht aus, um Parteien am Leben zu halten, ihre Aktivitäten zur politischen Meinungsbildung und ihre Wahlkämpfe zu finanzieren. Beides aber, Parteien und Wahlkämpfe, gehört unverzichtbar zur Demokratie. Und Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif, wie Populisten suggerieren wollen.

Die Freien Wähler wettern in diesem Zusammenhang seit Jahren gegen Parteispenden von Wirtschaftslobbyisten. Sie würden diese am liebsten verbieten und sähen es lieber, der Staat würde die Parteien stärker unterstützen. Dieser Vorschlag ist diskussionswürdig, rechtfertigt aber nicht, wie die Freien Wähler selbst seit Jahren tricksen, um (mangels Spenden) an mehr Geld vom Staat zu kommen. Das gilt auch für den Fall, dass sie tatsächlich nur eine Gesetzeslücke ausnutzen. Denn nicht alles, was legal ist, ist auch legitim, schon gar nicht in der Politik. Zumal in dieser Angelegenheit der fatale Eindruck entsteht, dass man nur raffiniert genug sein muss, um den Staat kräftig zu melken.

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SZ vom 21.01.2019/amm
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