Hubert Aiwanger im Gespräch:Freie Wähler umwerben Hans-Olaf Henkel

Lesezeit: 3 min

Hubert Aiwanger wird Bayern zu eng: Der Chef der Freien Wähler will seine Wählergruppe zu einer bundesweiten Alternative machen - vielleicht mit dem früheren BDI-Chef Hans-Olaf Henkel. An Karl-Theodor zu Guttenberg hat Aiwanger jedoch kein Interesse.

Frank Müller

Bundeschef, Landesvorsitzender, Anführer der Landtagsfraktion: Hubert Aiwanger ist unumstrittene Nummer eins bei den Freien Wählern. Nun will er die Partei in den Bundestag führen, als Alternative für frustrierte Wähler von Schwarz-Gelb. Noch vor Weihnachten tritt Aiwanger in Berlin mit dem früheren BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel auf.

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger: "Ich bin kein Euro-Feind, aber ich bekämpfe die Auswüchse." (Foto: SEYBOLDT4MEDIA)

Herr Aiwanger, sagen Sie doch mal was Nettes über die CSU.

Die CSU hat den Kompass verloren und . . .

. . . das wird aber jetzt nicht nett!

Doch: Und sie schafft es immer, wenn zwei Möglichkeiten zur Auswahl sind, mit schlafwandlerischer Sicherheit die falsche zu wählen.

Und das war jetzt was Nettes?

Ja. Ich hätt's noch deutlicher sagen können.

Besser wird die Stimmung nicht mehr zu Ihrem immerhin möglichen Regierungspartner nach 2013?

Wir sind dazu da, die Fehler der CSU aufzugreifen und bessere Lösungen einzubringen. Bis zu einem gewissen Maß ist die CSU in den letzten Jahren sogar lernfähig. Aber immer noch zu stur.

Ist in Wahrheit bei Ihnen die Entscheidung für ein Bündnis mit SPD und Grünen längst gefallen?

Längst gefallen nicht, aber ich muss ehrlich zugeben: Es spricht momentan nicht sehr viel dagegen. Momentan jedenfalls kämen wir wohl bei sehr vielen wichtigen Themen mit der SPD und den Grünen schnell zu einer Einigung: ländlicher Raum, Bildungspolitik, selbst die Großprojekte. Ich glaube, dass Christian Ude die dritte Flughafenstartbahn sehr schnell an den Nagel hängen wird, wenn er merkt, daran könnte eine Koalition scheitern.

Wenn Sie jetzt noch mehr Nettigkeiten über Ude sagen müssten . . .

Ude ist ein durchaus zugänglicher Typ. Ich glaube, dass er auch bereit ist, andere mitspielen und ihre Ideen einbringen zu lassen. Bei der CSU dagegen hat man immer den Eindruck: Das sind Angstbeißer. Sobald man ein Thema besetzt, erklären die das sofort für Blödsinn und wollen einen aus dem Feld beißen. Die können nicht akzeptieren, dass es neben ihnen jemanden gibt, der lesen und schreiben kann.

Stehen Sie selbst denn für eine bayerische Regierung überhaupt noch zur Verfügung, oder zieht es Sie nach Berlin?

Mein Schwerpunkt ist hier. Unsere Arbeit in Berlin ist ohne unsere bayerische Basis nicht denkbar. 2013 ist mein Platz in Bayern.

Und das, obwohl Sie sich gerade als bundesweite Alternative in der Euro-Krise profilieren wollen?

Seehofer ist auch in Bayern Regierungschef und redet in Berlin mit. Mit einer Landtagsfraktion im Rücken hat man auch bundespolitisch Gewicht. Anders als die CSU sind wir ja bundesweit organisiert. Die CSU ist also provinzieller als wir.

Mit welchen Köpfen wollen Sie denn bundesweit antreten - hat Karl-Theodor zu Guttenberg schon angefragt?

Nein, aber Sie sind ungefähr der Dreißigste, der danach fragt. Nein, danke, wir haben kein Interesse an Guttenberg. Ich sehe ihn da ein Stück weit als männliches Gegenstück zu Gabriele Pauli. Der soll's bei der CSU versuchen oder was Eigenes gründen.

Es gibt viele andere Prominente, die im Zusammenhang mit Ihnen genannt werden, weil sie Interesse an einer neuen bundesweiten Partei haben könnten: Henkel, Sarrazin, Gauweiler, Merz . . .

Sarrazin und Gauweiler schließe ich jetzt mal aus. Mit Henkel werde ich ja am 19. Dezember im Haus der Bundespressekonferenz auftreten. Sein Interesse an uns ist offensichtlich, aber das muss nicht heißen, dass er bei uns kandidiert. Mir ist wichtig: Wir kommen in der Wirtschaftswelt an. Es gibt eine Vielzahl von Leuten aus der Wirtschaftsszene, die Union und FDP in der Sackgasse sehen. Diese Alternative wollen wir gerne sein, ohne jetzt alle Enttäuschten aufsammeln zu wollen.

Sind Sie dann die neue Euro-Skeptiker-Partei?

Eher die Euro-Rettungs-Partei. Ich bin kein Euro-Feind, aber ich bekämpfe die Auswüchse. Das Erpressungspotential der Märkte auf den Euro müssen wir lösen, die Dominanz der Finanzmärkte muss zurückgefahren werden. Das heißt: starke Regionalbanken und keine sich verselbständigenden Spekulationsgeschäfte. Das Motto muss lauten: Wer ins Casino gehen will, kann das tun. Aber wenn er ohne Jacke herauskommt, hat er eben Pech gehabt und kriegt von uns keine neue.

Wenn es in Berlin für Sie nicht klappt und in Bayern auch nicht: War's das dann mit der Aiwanger-Ära?

Das Risiko zu verlieren hat ja jede Partei. Ich habe keine Angst vor dem Scheitern. Selbst wenn wir nicht beim ersten Anlauf in den Bundestag kommen: Für mich ist es schon ein Erfolg, dass wir bundesweit antreten. Für den Landtag mussten wir auch dreimal kandidieren.

In Bayerns Zukunft gefragt: Der Ministerpräsident in zwei Jahren heißt . . . ?

Ich würde da nicht wetten wollen.

Aiwanger?

Da sage ich jetzt weder ja noch nein.

Ude?

Weder ja noch nein. Alles ist möglich.

Auch Seehofer?

Auch das ist möglich. Aber ich würde sagen: unwahrscheinlicher als Ude.

© SZ vom 09.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: