Frauenchiemsee:Streit um Gedenkstein für Hitlers General zieht sich hin

Frauenchiemsee: Das Grabmal von Generaloberst Alfred Jodl, der am 1. Oktober 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet wurde.

Das Grabmal von Generaloberst Alfred Jodl, der am 1. Oktober 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet wurde.

(Foto: mauritius images)

Auf der Fraueninsel erinnert immer noch eine Grabinschrift an Alfred Jodl - und offenbar treten dort immer wieder Neonazis auf. Doch eine Petition dagegen wird im Landtag gar nicht erst behandelt.

Von Matthias Köpf, Chiemsee

Die Asche des Alfred Jodl wurde 1946 in die Isar verstreut, nachdem der Generaloberst und enge Berater Hitlers in als Hauptkriegsverbrecher zum Tode verurteilt und hingerichtet worden war. Auf der Fraueninsel im Chiemsee jedoch gibt es ein wuchtiges Grab, in dem Jodls erste Frau bestattet ist, aber der Name des Kriegsverbrechers die größten Lettern und den meisten Platz beansprucht.

Diskutiert wird über dieses Grab erst seit einigen Jahren, und am Mittwoch sollte dies auch der Landtagsausschuss für Wissenschaft und Kunst tun. Doch der hat eine Petition zum Thema gar nicht behandelt und eine zweite in die nächste Sitzung geschoben - aus Zeitmangel, wie es hinterher hieß.

Die Gemeinde Chiemsee und die Staatsregierung setzen ohnehin auf den Faktor Zeit: Nach einer ersten Petition des Inselbewohners Georg Wieland hatte sich die Gemeinde 2014 entschlossen, das Nutzungsrecht für das Grab Ende Januar 2018 auslaufen und das Grab auflösen zu lassen. Damals war im Maximilianeum auch von einer aufklärenden Plakette die Rede, von welcher der Gemeinderat aber nichts mehr wissen wollte.

Außer Wieland und seiner Frau wollen sich auf der Insel ohnehin die wenigsten mit Jodl befassen, und auch nicht damit, dass an dem Grab auch in der jüngeren Vergangenheit öfter mal der Hitlergruß gezeigt worden sein soll. Dafür hat sich der Münchner Künstler Wolfram Kastner des Themas angenommen, der sich seither mit kalkuliert sachbeschädigenden Interventionen am Grab samt rechtlichen Folgen um Aufmerksamkeit bemüht.

Die Aufmerksamkeit der Abgeordneten war am Mittwoch indes nicht allzu groß: Wieland hatte aus Misstrauen gegenüber der Gemeinde seine Petition erneuert, doch der Landtag dürfe sich innerhalb einer Legislatur nicht zweimal mit derselben Eingabe befassen, hieß es im Maximilianeum. Und zu Kastlers ähnlicher Petition sei man nicht mehr gekommen, sagte die SPD-Abgeordnete Isabell Zacharias.

Sie werde in der nächsten Sitzung im Juni auf eine Plakette am Grab bestehen, sich damit gegen die CSU-Mehrheit aber kaum durchsetzen. Denn die sieht sich mit der Staatsregierung darin einig, dass das Bestattungsrecht eine kommunale Angelegenheit sei und sich die Sache 2018 ja erledigen werde. Georg Wieland zeigte sich von allen enttäuscht: "70 Jahre nach Kriegsende, das kann doch nicht sein."

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