Frauenchiemsee:Gedenkstein für Hitlers General

  • Er war einer der wichtigsten Militärberater Hitlers, später wurde er als Kriegsverbrecher hingerichtet: Alfred Jodl.
  • Auf der Fraueninsel im Chiemsee befindet sich noch heute ein Grabstein für Jodl - ohne Kommentar oder historische Einordnung. Das stört einige.
  • Wann und warum das Grab angelegt wurde, ist unklar.

Von Heiner Effern, Frauenchiemsee

Alfred Jodl mit Anwalt Hermann Jahrreis, 1946

Alfred Jodl, ehemals Chef des Wehrmachtführungsstabes, im Gespräch mit seinem Anwalt am Rande der Nürnberger Prozesse.

(Foto: SZ-Photo)

Der Gedenkstein für einen der wichtigsten militärischen Berater Hitlers steht an prominenter Stelle auf der Fraueninsel, leicht zu sehen für die vielen Besucher des Friedhofs und des Münsters.

In der Mitte ist eingraviert: "Alfred Jodl, Generaloberst, * 10.5.1890, † 16.10.1946". Eine geschichtliche Einordnung seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg findet sich nirgends. Dabei unterschrieb Jodl Hitlers Befehl, die von der Wehrmacht eingekesselten Bewohner von Leningrad verhungern zu lassen.

Seit vielen Jahren ärgert sich der Inselbewohner Georg Wieland, dass der Gedenkstein unkommentiert mitten in der Puppenstuben-Idylle der Fraueninsel steht. Doch das wird sich spätestens zum 25. Januar 2018 ändern. Dann läuft der Vertrag der Familie für das Grab aus.

Jodls Leichnam wurde eingeäschert

Dort liegen die beiden Ehefrauen Jodls begraben, er selbst jedoch nicht. Der General wurde in den Nürnberger Prozessen zum Tod durch den Strang verurteilt. Seine Leiche wurde verbrannt, und die Asche in einen Seitenarm der Isar verstreut.

Wann und warum die Familie das Grab auf der Fraueninsel anlegen ließ, weiß niemand genau. Doch Verwandte Jodls lebten in der Gegend, am Ufer in Gstadt erinnern sich alte Bewohner noch an die Jodl-Villa. Jodls erste Gattin starb 1944, wahrscheinlich ließ seine zweite Frau seinen Namen auf den Grabstein gravieren.

Seitdem wird dort unkommentiert an das Leben des Chefs des Wehrmachtführungsstabs erinnert. Das empfindet der Insulaner Wieland als schandvollen Umgang mit der NS-Vergangenheit.

Er fordert, die Rolle Jodls im Krieg auf einer Tafel neben dem Grabstein zu erläutern. Das wird nicht passieren, doch am 25. Januar 2018 wird die Gemeinde das Grab endgültig auflösen.

Grabstelle wird aufgelöst

Bürgermeister Georg Huber (CSU) bestätigt, dass der Vertrag nicht verlängert werde. "Es ist bei uns seit längerer Zeit gängige Praxis, Grabstellen von Auswärtigen in der Regel nicht mehr zu verlängern, damit wir genügend Bestattungsplätze für die Inselbewohner haben", sagt er.

Mehr wolle er zu Friedhofsangelegenheiten nicht sagen. Um dann doch hinzuzufügen, dass er die Diskussion um das Jodlgrab angesichts des dringenden Ausbaus des Breitbandnetzes und der anstehenden Sanierung der Wasserleitungen für eher zweitrangig hält. "Wenn das Jodlgrab weg ist, wird die Insel nicht untergehen. Wenn es geblieben wäre, würde sie auch noch stehen."

Eine Anlaufstelle für braune Wallfahrer sei die Gedenkstätte nie gewesen. "Ich bin seit knapp 20 Jahren Bürgermeister, und ich habe noch nie einen gesehen." Beschwerden von Touristen darüber habe es in seiner Amtszeit "keine zehn gegeben".

Keine Anlaufstelle für Neonazis

Das Todesurteil gegen Jodl war umstritten. Es wurde posthum aufgehoben, dann wieder bestätigt. Architekt Wieland findet den Umgang mit der Vergangenheit trotzdem ignorant. Bürgermeister für Bürgermeister habe das Thema verdrängt. Seine Initiativen, das zu ändern, brachten nichts.

Doch dann schrieb er Anfang 2014 eine Mail an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Diese landete über Umwege als Petition im bayerischen Landtag und schließlich im Chiemseer Gemeinderat. Der beschäftigte sich im Sommer mit dem Jodl-Grab und beschloss, den Vertrag für die Grabstelle nicht zu verlängern.

Inwieweit dazu auch von höherer politischer Ebene geraten wurde, bleibt offen. Das bayerische Innenministerium bezeichnet diesen Weg in einer Stellungnahme jedenfalls ausdrücklich als sinnvoll.

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