„Längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt“:Die Superlativ-Brücke wird gebaut

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Bei Lichtenberg im Landkreis Hof sollen die Frankenwaldbrücken entstehen, ein geplantes Superlativbauwerk. (Foto: Foto: sbp schlaich bergermann partner)

Im „Höllental“ sollten zwei frei gespannte Brücken längst stehen, die längere mehr als einen Kilometer lang – aber die Kosten steigen und steigen. Also stimmte der Kreistag nochmals ab. Mit eindeutigem Ergebnis.

Von Olaf Przybilla, Hof

Nun soll sie also gebaut werden, die – so jedenfalls ist der Plan – „längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt“ in einem Naturschutzgebiet in Oberfranken. Jene „Frankenwaldbrücken“ also, über die Lichtenberg und der Landkreis Hof seit Jahren debattieren. Der Hofer Kreistag hat das am Freitag so entschieden.

Hatte er zwar schon einmal, die Pläne gibt es ja seit mehr als sieben Jahren. Anfangs aber waren die Kosten auf zwölf Millionen Euro geschätzt worden, später war von 22 Millionen die Rede, jetzt sollen mindestens 42, eher 45 Millionen notwendig werden. Ursprünglich sollte das frei gespannte Werk schon im Frühjahr 2022 eröffnet werden. Im Herbst 2024 freilich ist baulich noch immer nichts passiert.

Die Brücken – die längere der beiden soll 1030 Meter lang werden – waren immer schon umstritten, um das Mindeste zu sagen. In der aktuellen Sitzung nun wittert die CSU eine touristische Großchance, ein „Imageprojekt“, die Grünen indes wettern gegen ein „Millionengrab“. Der Konflikt ist zuletzt eher größer geworden. Im oberfränkischen Höllental, gelegen an der Grenze zu Thüringen, prallen unterschiedliche Denkrichtungen aufeinander. Die einen schütteln den Kopf darüber, dass in ein Tal, das für seine Ruhe und Naturschönheit bekannt ist, künftig Hunderttausende gelockt werden sollen, die dann dafür sorgen, dass es wohl mit der Ruhe zu Ende geht – und womöglich, zumindest in den Augen der Skeptiker, auch mit der Naturschönheit.

Die anderen fragen, mit welchen Investitionen die Infrastrukturprobleme an der früheren „Zonengrenze“ denn sonst in den Griff zu bekommen sein sollen – etwa mit neuen Kraftwerken, Industriehallen, Großstromleitungen? Dann doch wohl lieber eine durchaus filigran wirkende und von der Staatsregierung großzügig bezuschusste Brücke, sagen jene.

Letztere waren ausweislich zweier Bürgerentscheide, in Lichtenberg und dem benachbarten Issigau, zu Beginn der Pläne in der Mehrheit – und wurden befeuert von der Staatsregierung. Zwar bedürfe es für so ein Projekt „in einem sehr hochwertigen Naturraum“ einer besonders anspruchsvollen Planung, erklärte etwa Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Das aber solle durch ein „Besucherlenkungskonzept“ gewährleistet, Schutzgebiete also nicht in Mitleidenschaft gezogen und „sanfter Tourismus in Reinform“ ermöglicht werden.

Der Kritik von Naturschützern haben die Planer auch sonst vieles entgegengehalten im Laufe der Jahre: So soll die größere der beiden Brücken 300 Meter länger als ursprünglich geplant werden, um die Anlandungspunkte möglichst aus dem besonders sensiblen Flora-Fauna-Habitat-Gebiet zu halten. Und die Fundamente sollen minimalinvasiv ausfallen, so klein wie möglich.

Die Skeptiker fürchten gleichwohl Massentourismus – mittelfristig werden 200 000 Gäste pro Jahr erwartet – und bleiben dabei: Sollte man ausgerechnet das beschädigen, womit der Frankenwald punkten kann: naturbelassene Täler, Waldeinsamkeit, Entschleunigung? Sie befürchten, dass der Reiz einer schwingenden Brücke bald weg sein könnte, längere Hängebauwerke irgendwo in der Welt den geplanten Superlativ schleifen und irgendwann alle potenziell Interessierten einmal das freischwebende Ding im Frankenwald passiert haben werden. Und dann?

Der Landrat hatte schon mal mehr Rückenwind für das Projekt

Landrat Oliver Bär (CSU), so hat er es im Gespräch mit der SZ einmal erläutert, will dafür kämpfen, die „Faszination Frankenwald“ einer viel größeren Menge an Menschen zu vermitteln als bislang. Es gehe eben nicht nur um zwei Brücken, es gehe um die Region: das Wanderdrehkreuz, das Grüne Band an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze, das Staatsbad Bad Steben, all das finde sich in der Umgebung rund ums Höllental. Natürlich wüssten auch heute schon viele Sommerfrischler, wie gut man sich dort erholen könne. Es könnten aber mehr sein, wesentlich mehr. „Das Höllental ist einzigartig“, sagt Bär in der entscheidenden Hofer Sitzung, „das ist uns bewusst“.

Allerdings hatte Bär schon mal mehr Rückenwind für das Projekt. Als touristische Chance haben die Sozialdemokraten die Brücken lange mit Sympathie begleitet, bei der entscheidenden Sitzung kritisieren sie die immense Kostensteigerung und lehnen sie in Teilen ab. Die Grünen fürchten immer schon um die – von Fachleuten attestierte – herausragende „floristisch-pflanzengeografische“ Stellung des Höllentals. Sie wollen diese Brücken nicht.

Wie die FDP stimmen auch die Freien Wähler mit der CSU: Immerhin dürfe man hoffen, dass die Staatsregierung 70 Prozent der förderfähigen Kosten übernimmt. Am Ende sind insgesamt 38 Kreisräte für, 20 gegen die superlativischen Brücken. Sie kommen also.

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