Tradition gefährdet:Frankens Flößer sitzen auf dem Trockenen

Tradition gefährdet: Floßfahrt auf der Wilden Rodach bei Wallenfels, Frankenwald.

Floßfahrt auf der Wilden Rodach bei Wallenfels, Frankenwald.

(Foto: mauritius images)

Jahrhundertelang diente die Flößerei dem Broterwerb im Frankenwald, heute ist sie Touristenattraktion. Doch die Tradition droht auszusterben. Nun sendet Wallenfels' Bürgermeister einen Hilferuf an den Landtag.

Von Max Weinhold, Wallenfels

Mindestens sechs Jahrhunderte lang fuhren die Flößer durch den Frankenwald und verschifften Holz über den Main und den Rhein bis in die Niederlande. Ihre erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1386. Mitte des 20. Jahrhunderts stellten die Floßfahrer ihre Arbeit ein, das Holz ließ sich mittlerweile einfacher auf Schienen und Straßen transportieren oder auf größeren Schiffen. Und heuer? Ist die Flößerei qua Ernennung durch die Unesco immaterielles Kulturerbe der Menschheit, Touristenattraktion im Frankenwald - und gefährdet.

Wie so oft geht es ums Geld, allerdings nur indirekt. Ja, das fehlt auch. Vor allem aber deshalb, weil es an etwas anderem mangelt: "Die Ursache für die Situation ist die Wasserknappheit", sagt Jens Korn, Bürgermeister der oberfränkischen Stadt Wallenfels (Landkreis Kronach). Wegen der trockenen Sommer habe in den Jahren 2018, 2019 und 2022 jeweils nur etwa die Hälfte der geplanten touristischen Floßfahrten auf der Wilden Rodach stattfinden können. 2020 und 2021 fiel die Saison wegen der Corona-Pandemie ganz aus. Die für die Fahrten zuständige Flößergemeinschaft Wallenfels zehre seit 2018 nur noch von ihren finanziellen Reserven.

"Die Situation ist existenzbedrohend", sagt Korn. Und: "Das Flößen gehört hier zur DNA." Weil die Floßfahrt so wichtig sei und die Not so groß, hat Korn eine Petition an den Landtag versandt. Der Tenor: Rettet die Flößerei!

Er fordert die Errichtung eines Staubeckens, in dem die Flößer fahren können. Und die Vereinfachung der wasserrechtlichen Regeln, die der Flößerei zugrunde liegen. "Die Regeln haben eine Komplexität erreicht, die kaum umzusetzen sind", moniert Korn. Besonders nicht für Ehrenamtliche wie die Flößer, die ohnehin schon viel leisten: "Im Frühjahr bauen sie die Flöße, sie müssen die Wehre einbauen, sie kümmern sich um den Transport. Dahinter steckt unglaublich viel Arbeit. Das machen die Flößer unheimlich gern, weil sie - und das sind wirklich keine Sonntagssprüche - sich ihren Großvätern verpflichtet fühlen", sagt Korn. Aber zumindest die Fixkosten müssten gedeckt sein.

Dafür braucht es trotz Trockenheit wieder mehr Fahrten. Wofür wiederum der Bau eines Staubeckens nötig sei. Das Thema Staubecken ist im Übrigen kein neues. Schon in den 1980er-Jahren wurde ein Bau geprüft. Seit 2018 nun läuft im Wasserwirtschaftsamt eine Machbarkeitsstudie zu der Frage, wie sich Hochwasserschutz und die Flößerei in Wallenfels kombinieren ließen. Bisher ist der Bau eines Staubecken nicht absehbar. Für Korn ist das nicht länger akzeptabel. "Wir haben in den letzten Jahren extrem gelitten", sagt er, die Ungewissheit über ihre Zukunft zermürbe die Ehrenamtlichen. "Nach fünf Jahren muss endlich etwas passieren", sagt er. Geschieht das nicht, könnten Frankens Flößer bald auf dem Trockenen sitzen. Der Region und ganz Bayern ginge so ein Kulturgut verloren, sagt Korn. Als Bürgermeister weiß er, was das für den Tourismus in der Stadt bedeuten würde. Aber noch viel wichtiger sei der Erhalt der DNA. "Das Flößen ist ein Teil von uns."

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