Geschichte der Volksmusik:Bayreuther Geigen und fränkische Junggesellenlieder

Volksmusik in Franken

Eine Schallplatte der Kapelle Dorn aus dem mittelfränkischen Happurg aus der Zeit vor 1914. Um sich von den damals verbreiteten sogenannten Oberlandlerkapellen abzugrenzen, gab sich das Ensemble selbstbewusst den Namen "Erste fränkische Bauernkapelle".

(Foto: dpa)

Eine Forschungsstelle in Uffenheim beschäftigt sich seit 40 Jahren mit der Volksmusik in Franken.

Von Bayreuther Geigenbegleitung und fränkischen Liedern in Ungarn: Eine Forschungsstelle beschäftigt sich mit Vergangenheit und Gegenwart der Volksmusik in Franken. Die Volksmusik in Franken wissenschaftlich zu begleiten und sie Profis und Laien näherzubringen - das ist die Aufgabe der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik. In diesem Jahr feiert die Einrichtung im mittelfränkischen Uffenheim ihr 40-jähriges Bestehen. Erforscht werden nicht nur Musikstücke, Noten und Instrumente, sondern der soziale Kontext, Bräuche und Traditionen.

"Wir sind nicht die Volksmusikpolizei, die sagt: ,Das darfst du und das darfst du nicht'", beschreibt Leiterin Heidi Christ das Selbstverständnis. "Wir sind diejenigen, die hinschauen und fragen: Warum haben die das so gemacht? Wer waren die Menschen?" Die Zielgruppe der Einrichtung? "Alle". Das sind Einzelpersonen, die auf der Suche nach einem speziellen Lied sind, ebenso wie Wissenschaftler, Studierende und Musikanten - und zwar nicht nur aus Franken. Denn eine ganz eigene "typisch fränkische" Volksmusik, die so nur innerhalb der Grenzen des heutigen Frankens gespielt und gehört wird, gibt es ohnehin nicht.

"Musik bleibt ja nicht an der Grenze stehen und sagt: ,Stopp, ich bin aus Franken, ich darf nicht nach Niederbayern'", sagt die Volksmusikforscherin. Die Besonderheiten sind kleinteiliger: Es gebe besondere Stile, die in sehr kleinen Regionen zu Hause seien. Im Bayreuther Raum gebe es zum Beispiel eine besondere Geigenbegleitung. "Wer das einmal gehört hat, erkennt das auch sofort wieder", sagt die Leiterin der Forschungsstelle.

Eine neue Rechte versucht, die Volksmusik für sich zu vereinnahmen

Mitunter wird auch im Ausland geforscht: Nachfahren von fränkischen Aussiedlern singen in der Gegend nördlich des Plattensees in Ungarn noch heute den "Junggesellenwalzer" aus Franken. Immer wieder begegneten die Forscher dem Vorurteil, Volksmusik sei etwas für die Älteren. Tatsächlich hätten alle Generationen immer wieder mit Volksmusik zu tun, sagt Christ. Eine Volksmusik, die "edel, wahr und gut" sei und sich nie verändere - diese Vorstellung sei dagegen Quatsch. "Nur dann, wenn sich Traditionen vorsichtig ändern können und dürfen, lebt das weiter", sagt sie.

Man habe lange Zeit damit gekämpft, dass die Nazis auch diesen Bereich besetzt hätten, sagt Christ. Die Trachtenvereine hätten sich aus dieser Ecke befreit. Heute gebe es aber wieder eine "neue Rechte", die Volksmusik für sich zu vereinnahmen versuche: völkische Siedler, die Heimatabende machen, Rechtsextreme, die vermeintlich uralte deutsche Volkslieder singen. "Da passiert einiges und das ist ganz sicher nicht ungefährlich", sagt die Volksmusikforscherin.

Eine Herausforderung für die kommenden Jahre ist die weitere Digitalisierung der Sammlung der 1981 gegründeten Forschungsstelle. Diese umfasst mittlerweile unter anderem Zehntausende Notenbögen, Hefte und Stimmbücher sowie Tausende Schallplatten. Auch gelte es zu erforschen, was die Corona-Pandemie verändert habe, sagt Christ. Vereine und Gruppierungen seien kaputtgegangen - "es ist aber ganz bestimmt auch Neues entstanden."

Und es kommt immer noch neues Material dazu: "Es gibt noch ganz viele Dachböden und Notenschränke in irgendwelchen Kellern. Da sind immer noch viele Gespräche zu führen mit Musikanten", sagt Christ. "Dadurch, dass wir mit lebendiger Musik, mit lebendigen Menschen arbeiten, wird die Arbeit nie ausgehen."

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