Wenn die Franken etwas lernen mussten, dann über sich selbst zu lachen. Es gibt keinen Landstrich in Deutschland, der von seiner Fußballmannschaft behauptet, diese sei ein ausgemachter Depp. Über ihren Club sagen sie das in Franken. Aber man muss die Intonation hören, um zu ahnen, dass das eigentlich eine Liebeserklärung ist. So ein Depp kann etwas sehr Sympathisches sein.
Warum das so ist, warum die Franken mit ihren Niederlagen umzugehen gelernt haben wie andere mit einem unschön geratenen Körperteil, darüber wird man nördlich der Donau kaum zwei Meinungen hören: Es sind die Altbayern, die den Franken nur die Flucht in die Selbstironie überlassen haben. Wie soll man es auch anders aushalten, sagt eine CSU-Politikerin aus Franken, diese seit 200 Jahren "immerwährende Rollenverteilung". Dort der Mia-san-Mia-Stamm, selbstbewusst, strotzend vor Kraft. Hier das Völkchen, das aus Sicht des Südens immer ein bisschen wirkt wie Günther Beckstein: Das protestantisch stets seine Pflicht erfüllt und dabei zu oft lächelt.
Das selbst noch auf dem Gipfel der Karriere um onkelhafte Freundlichkeit und Bescheidenheit bemüht ist. Und das in Demut selbst den Weg freimacht, wenn der führende Stamm sagt: Super, danke, es reicht, wir übernehmen jetzt wieder.
Natürlich, sagt die CSU-Frau, regen sich die Franken auch nach 200 Jahren noch unmäßig auf über ihre Niederlagen. Aus Routine aber immer nur kurz, bis sie die Niederlage zu einem Triumph der Anständigen über die Sturschädel aus dem Süden umdeuten. Psychologen würden das vermutlich Sublimierung nennen.
In solchen Fällen bauen die Franken dann die in München lagernde Bamberger Kaiserkrone einfach nach - und bezahlen, man muss ja anständig bleiben, die Replik gleich aus eigenen Mitteln. Sie erklären Beckstein zu einem Heiligen, der sich selbst den politischen Märtyrertod auferlegte - eine Integrität, die ihn nun auch zum Bundespräsidenten qualifizieren würde, wie am Freitag der Evangelische Arbeitskreis der oberfränkischen CSU befand. Oder sie zücken gleich ihre stärkste Waffe, den Humor.
In der Nürnberger AZ kann man das in diesen Tagen wunderbar beobachten. Die Zeitung, die sich vor zwei Jahren vom Münchner Mutterblatt emanzipiert hat, war nicht zu Leisetreterei aufgelegt in diesen Tagen. Als die Staatsgemäldesammlungen, in die Defensive gedrängt, der Einfachheit halber den Nürnbergern nachsagten, diese hätte das Dürer-Selbstbildnis auf dessen letzter Reise in die Heimat dummerweise selbst beschädigt, konterte die AZ auf der Titelseite: "Jetzt werden die Münchner unverschämt." Sehr zu Recht, wie sich inzwischen herausgestellt hat: Denn die Beschädigungen stammten nicht von der Frankenreise des Jahres 1971 - sondern aus einer Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.
Nun aber, wo die Nürnberger den Kampf ums Bild verloren haben, reagiert die fränkische Boulevardzeitung tiefenentspannt: "Nur noch ein allerletztes Mal möchte ich in meiner Eigenschaft als mittelfränkischer, manisch-depressiver Mumbfler ganz leis in der von uns ab sofort gebenedeiten Alten Pinakothek in mein Bierglas, den Ursprung unserer angeborenen Volldoofheit, hinein fragen, was das im Einzelnen ist: eine Fragilität?", will der Kolumnist Klaus Schamberger wissen.
Söder interessiert sich eher für anderes: Wie man so hoch favorisiert zu einem Duell nach München fahren - und so gedemütigt zurückkommen kann. "Unsere Experten vom Nationalmuseum werden das Bild ja nicht das erste Mal angeschaut haben." Wieder großes Gelächter. Von den Münchnern könne man in Franken "noch viel lernen". Zum Beispiel könnte man auch einen neuen Konzertsaal brauchen. In Nürnberg aber müsste erstmal einer "die Initiative ergreifen", sagt Söder. Optimistisch klingt er nicht.