Der Flüchtlingsstrom an den bayerischen Grenzen hält auch an diesem Wochenende unvermindert hat. In Niederbayern sind zwar zunächst weniger Menschen über die Grenzübergänge gekommen. Auch die Notquatiere hätten wieder Kapazitäten. Bis zum Abend erwarten die Einsatzkräfte im Raum Passau wieder 4500 Menschen - also ähnlich viele Flüchtlinge wie am Samstag.
An den oberbayerischen Übergängen Freilassing und Laufen kamen am Samstag etwa 2700 Flüchtlinge an - die überwiegende Mehrheit davon in Freilassing. Der Grenzübergang in Laufen werde derzeit noch eingerichtet, sagte ein Sprecher der Bundespolizei in München. Für Sonntag erwarte man ähnliche Zahlen, könne aber keine genauen Prognosen treffen.
Inzwischen kommen auch wieder mehr Flüchtlinge über Kufstein nach Bayern. Der Zugverkehr nach Rosenheim musste in der Nacht auf Sonntag für mehrere Stunden unterbrochen werden. Und auch am Sonntagmorgen ging auf der Bahnstrecke erst einmal nichts mehr, nachdem weitere 260 Menschen in Rosenheim angekommen waren. Am Bahnhof in Kufstein warteten derzeit noch bis zu 400 Migranten, weitere 500 waren offenbar in Zelten in Bahnhofsnähe untergebracht.
Deutschland und Österreich hatten den Zustrom der Flüchtlinge an der Grenze neu geregelt. Sie hatten sich darauf geeinigt, ausschließlich an den genannten fünf Grenzübergängen in Bayern sogenannte Übergabe- und Kontrollstellen einzurichten.
Aber wie ist die Lage für Flüchtlinge in Bayern derzeit überhaupt? Wie geht es nach ihrer Ankunft weiter? Wie viele werden noch kommen? Ein Überblick.
Wie viele Flüchtlinge gibt es in Bayern?
Nach Angaben des Sozialministeriums befinden sich derzeit rund 117 000 Flüchtlinge im Freistaat. Darunter sind sowohl Migranten, deren Asylverfahren bereits laufen, als auch welche, die bislang nur registriert sind - was in Bayern in der Regel innerhalb weniger Tage nach Einreise passiert. In anderen Bundesländern dauert es teilweise Wochen, bis Flüchtlinge registriert sind.
Welche Stationen durchlaufen die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft?
Wenn sie über die Grenze kommen, werden sie in der Regel zunächst von der Bundespolizei in Empfang genommen und im Idealfall sofort in Busse oder Züge gesetzt, die die Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel bundesweit verteilen. Das heißt: Etwa 15 Prozent der Migranten bleiben in Bayern, alle anderen werden in die anderen Bundesländer verteilt. So sollte es im Idealfall laufen.
"Es muss aber dringend ein gerechtes und funktionierendes Verteilungssystem geschaffen werden."
Kommen jedoch zu viele gleichzeitig an, wie es in den vergangenen Tagen an der österreichisch-bayerischen Grenze oft der Fall war, dann bringt die Bundespolizei sie zunächst in einen der beiden "Wartebereiche", die der Bund vor kurzem in Feldkirchen und Erding eingerichtet hat. Die Kapazitäten dort werden gerade schrittweise auf je 5000 Plätze ausgeweitet. Von dort aus werden die Flüchtlinge bundesweit verteilt.
Wie läuft das Verfahren danach weiter?
Die 15 Prozent, die in Bayern bleiben, kommen zunächst in eine der sieben Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE). Dort stehen derzeit insgesamt 16 000 Plätze zur Verfügung. Bis Dezember sollen weitere 9000 Plätze entstehen und bis März noch einmal 8000. In diesen EAE werden die Flüchtlinge erstmals im sogenannten Easy-System registriert. Easy steht für: Erstverteilung von Asylbegehrenden.
Dabei handelt es sich um eine Datenbank, in der genau gespeichert ist, in welchem Bundesland sich bereits wie viele registrierte Flüchtlinge befinden. An diesem Punkt kommt der Königsteiner Schlüssel ein zweites Mal zur Anwendung. Das System überprüft nämlich bei jeder neuen Registrierung eines Flüchtlings, welches Bundesland bei der Aufnahme von Flüchtlingen bereits sein Soll erfüllt hat und welches noch nicht - und spuckt daraufhin aus, wo dieser Flüchtling hinzubringen ist, sprich: in welchem Bundesland das Asylverfahren letztlich stattfinden muss.
Bei Flüchtlingen, für die Bayern zuständig ist, kann das bedeuten, dass sie entweder in einer der sieben EAE bleiben, oder aber - wenn es sich um Balkanflüchtlinge handelt - in eines der beiden Balkan-Zentren gebracht werden, die Bayern seit Spätsommer in Manching und Bamberg eingerichtet hat. Ziel war, die Verfahren für Balkanflüchtlinge zu beschleunigen, da die Balkanländer als sichere Herkunftsländer gelten und Asylanträge daher nahezu aussichtslos sind.
Doch egal, ob Flüchtlinge in EAE oder Balkanzentren untergebracht sind: In jedem Fall können sie dort maximal sechs Monate bleiben. Bei den Balkanzentren sollten die Verfahren nach dem Willen der Staatsregierung bis dahin abgeschlossen sein. Bei den EAE dagegen ist das selten, sodass die Flüchtlinge nach sechs Monaten entweder in Gemeinschaftsunterkünfte oder in dezentrale Unterkünfte gebracht werden.
Ist das Asylverfahren irgendwann erfolgreich abgeschlossen und der Antrag bewilligt, sollte der Flüchtling möglichst sofort ausziehen und sich eine Wohnung suchen. Dabei wird er unterstützt, doch die Wohnungssuche ist gar nicht so einfach. Weil man aber niemanden auf die Straße setzen will, sind etwa neun Prozent der Bewohner in den Gemeinschaftsunterkünften "Fehlbeleger". Wessen Asylantrag rechtskräftig abgelehnt ist und wer auch nicht aus bestimmten Schutzgründen trotzdem geduldet wird, muss Deutschland verlassen.