Süddeutsche Zeitung

Forderung an Staatsregierung:SPD: Task Force für faire Arbeit

Situation in systemrelevanten Berufen sei nach wie vor schlecht

Von Johann Osel

Die SPD im Landtag fordert die Staatsregierung auf, eine ressortübergreifende "Task Force Faire Arbeit" einzurichten, idealerweise angesiedelt in der Staatskanzlei und im Dialog mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern. "Ein Jahr nach dem Applaus für system- und versorgungsrelevante Berufe in der Corona-Krise hat sich deren Situation in Bayern nicht verbessert, zum Teil sogar verschlechtert", mahnte SPD-Fraktionschef Horst Arnold am Freitag an. Nötig sei eine Aufwertung der Berufe wie in Pflege und in den Kitas, aber etwa auch bei Berufskraftfahrern, im Handel oder in der Abfallentsorgung. "Ministerpräsident Söder spricht zwar permanent von Systemrelevanz, aber politisch gefolgt ist daraus bislang nur sehr wenig", so Arnold. Die Regierung schaue noch nicht mal genau hin; laut der Antwort auf eine SPD-Anfrage werde gar keine Liste der system- oder versorgungsrelevanten Berufe geführt.

Die Notwendigkeit einer solchen Task Force und einer Bündelung der Thematik zeige sich schon allein daran, dass an der Antwort auf die Anfrage zahlreiche Ressorts beteiligt gewesen sein. Die Einrichtung solle sich etwa darum kümmern, in einem "Pakt für anständige Löhne und gegen Lohndumping" mit Wirtschaft und Gewerkschaften möglichst verbindliche Ziele zu vereinbaren. Außerdem brauche es strukturelle Verbesserungen statt wie zuletzt punktuelle Prämien in den Kitas und in der Pflege - und eben auch in den erwähnten "vergessenen" Branchen, die in den öffentlichen Debatten kaum Gehör fänden, "aber für unseren Alltag ebenfalls unerlässlich sind".

Schlüssel für Verbesserungen sei eine stärkere Tarifbindung. Beispiele für die laut Arnold schwierige Lage: Der Bruttostundenlohn von Berufskraftfahrern lag 2020 im Durchschnitt bei 14,09 Euro, so niedrig wie seit 2016 nicht mehr. Im Gesundheits- und Sozialwesen arbeiteten mehr als 40 Prozent in nicht tarifgebundenen Betrieben. Die Corona-Krise habe deutlich gezeigt: Der Staat sei gefordert, "der Markt allein wird es nicht richten".

Speziell der Situation klassischer systemrelevanter Berufe hatte sich vor einigen Wochen auch die Grünen-Fraktion gewidmet. "Auf Landesebene haben wir einige Hebel in der Hand, um die sozialen Berufe richtig zu stärken - und das können und müssen wir jetzt endlich tun", forderte die Fraktionschefin Katharina Schulze nach einem Grünen-Sozialkongress. "Die Söder-Regierung stiehlt sich hier mit halbherzigen Boni-Zahlungen aus der Verantwortung." Stattdessen müsse es gute, nachhaltige Arbeitsbedingungen inklusive besserer Bezahlung für Care-Berufe wie Erzieherinnen, Sozialarbeiter und Pflegekräfte geben. Dazu gehöre auch, schon Ausbildungen und Praxiseinsätze in den Berufen vom ersten Tag an zu vergüten.

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Quelle:
SZ vom 10.04.2021
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