Flugkunst:Der perfekte Heiratsantrag von oben

Flugkunst: Mehr als Schall und Rauch: ein von Erfolg gekrönter Heiratsantrag am Nürnberger Himmel.

Mehr als Schall und Rauch: ein von Erfolg gekrönter Heiratsantrag am Nürnberger Himmel.

(Foto: Himmelsschreiber)

Pilot Gerhard Schilling schreibt Botschaften in den Himmel über Nürnberg - und sorgt damit nicht nur bei den angehenden Verlobten für Aufregung.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Das Gewerbe, dem sich Gerhard Schilling verschrieben hat, ist ziemlich alt. Die Himmelsschreiberei wurde vor etwa 90 Jahren erfunden, damals waren die in den Himmel geflogenen, mit Rauch gemalten Zeichen der letzte Schrei. Was das Gewerbe später so in die Nische gedrängt hat, darüber kann Schilling nur spekulieren. Aber eines ist schon klar: Für einen für zehn Minuten in den Himmel getupften Schriftzug - sagen wir: eine Werbung für irgendein Fernsehbier oder samtweiches Toilettenpapier -, dafür ist ein vierstelliger Betrag schon eher happig. Für einen Heiratsantrag aber? Hach.

Geplant war der Antrag eines Mannes aus der Nähe von Frankfurt schon seit einigen Wochen, für Heiratswütige mit überbordendem Antragsbedürfnis ist von der Himmelsschreiberei abzuraten. Der Mann aus Hessen aber brachte die notwendige Geduld mit. Als am Sonntag der Himmel über Nürnberg dann endlich aussah, wie, ja wie eben der Himmel über Nürnberg, da lockte der Mann seine Linda ins Auto, gab vor, er wollte sich immer schon die Delfin-Lagune ansehen, fuhr zum Tiergarten und blickte dort in den wolkenlosen Himmel. Vom Rauchschriftzug "Linda" samt Nachnamen existieren nicht so viele Bilder, diese Lektüre war was für Eingeweihte. Das Herzchen aber, wunderbar geschwungen ans Firmament getupft, ließ - so weit zu sehen ist - etwa jeden zweiten sozialen Netzwerker Frankens rotieren: Schaut mal, liebe Freunde, ich hab da was für euch!

Schilling freut sich natürlich über die Resonanz, ein wenig Auftrieb können seine drei Himmelsschreiber-Kollegen und er schon brauchen. Hauptberuflich arbeitet Schilling als Pilot bei der Flugambulanz, von der Handvoll Aufträge im Jahr könnte keiner leben. Auch wenn seine Kunden von überall her nach Nürnberg kommen.

Selbstverständlich hätte Schilling auch nach Frankfurt fliegen können mit seinem Doppeldecker. Nur würde dort so ein Himmelsheiratsantrag noch mehr kosten. Flugbenzin ist teuer, verglichen damit ist das ans Firmament gedampfte Rauchöl, übrigens ökologisch korrekt, ein Klacks. Und deshalb werden geflogene Heiratsanträge mit Vorliebe in Nürnberg gemacht, das erreicht Schilling vom Fluglandeplatz Thalmässing aus in wenigen Minuten. Konkurrenz kennt Schilling in Deutschland praktisch keine. Was schon verwunderlich ist: Linda zumindest hat der Heiratsantrag aus der Luft voll überzeugt.

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