Albrecht-Dürer-Airport:Nürnberger wehren sich gegen Flughafenlärm

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Die Betreibergesellschaft setzt auf eine Mischung aus Städteverbindungen für Geschäftsreisende und Angebote für Urlauber aus der Region. (Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Der Nürnberger Flughafen hat 2018 einen neuen Passagierrekord aufgestellt.
  • Doch die Anwohner stört der Fluglärm, vor allem in der Nacht.
  • Die Stadtpolitik allerdings hält diese Erlaubnis für einen entscheidenden Standortvorteil.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Der Nürnberger Flughafen hat wirtschaftlich schwierige Zeiten hinter sich. Doch seit 2015 schreibt er wieder schwarze Zahlen, im vergangenen Jahr wurde sogar ein Rekord von fast 4,5 Millionen Passagieren erreicht. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des relativ kleinen Airports ist dabei seine 24-Stunden-Betriebserlaubnis. Für viele Fluglinien ist der Standort Nürnberg attraktiv, weil sie dort - anders als in den benachbarten Großflughäfen Frankfurt und München - die ganze Nacht über starten und landen können. So hebt etwa Eurowings freitags um 4 Uhr in Richtung Palma de Mallorca ab, samstags um 4.40 Uhr. Auch für viele Urlauber sind diese ungewöhnlichen Flugzeiten offenbar attraktiv, weil sie für An- und Abreise keinen Extra-Urlaubstag einplanen müssen.

Mit der Reisetätigkeit ab Nürnberg nahm 2018 auch die Zahl der Nachtflüge zu. Die Flughafengesellschaft beziffert sie auf durchschnittlich 27 pro Nacht gegenüber 21 im Jahr 2017. Dieser Durchschnittswert ist aber nur bedingt aussagekräftig, weil sich die nächtlichen Starts und Landungen vor allem in den Sommermonaten ballten, als besonders viele Urlaubsflieger abhoben. Allein im August gab der Flughafen 570 Starts und 779 Landungen zwischen 22 und 6 Uhr frei - im Schnitt waren das 44 Flugbewegungen pro Nacht.

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Der Flughafen liegt auf Stadtgebiet, die Umgebung ist aber eher dörflich geprägt. Dennoch leben dort ein paar Tausend Anwohner, die im Sommer gar nicht daran denken müssen, bei offenem Fenster zu schlafen. Weil sich in den vergangenen Monaten immer mehr Nürnberger über den nächtlichen Lärm beschwerten, sahen sich mehrere Stadtratsfraktionen dazu veranlasst, das Thema auf die politische Tagesordnung zu setzen.

Zu echten Einschnitten, das hat sich am Mittwoch bei einer Sitzung des zuständigen Wirtschaftsausschusses gezeigt, sind Nürnbergs Stadträte aber nicht bereit. Einzig die Grünen sind grundsätzlich für ein Nachtflugverbot, konnten die Kollegen im Ausschuss aber noch nicht einmal davon überzeugen, die Nachtflüge zumindest auf eine festgelegte Zahl zu deckeln. Stattdessen beließ es die Stadtratsmehrheit bei Appellen, die Möglichkeit zu Nachtflügen "maßvoll" einzusetzen und gab sich mit der Ankündigung des Flughafen-Geschäftsführers Michael Hupe zufrieden, dass sich die Nachtflüge 2019 voraussichtlich "etwas reduzieren" würden.

Nürnbergs Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) hält die durchgehende Betriebsgenehmigung für entscheidend, um mit anderen Flughäfen konkurrieren zu können. Nürnberg sei nicht mit München oder Frankfurt zu vergleichen, sondern mit Hannover (5,9 Millionen Passagiere) und Köln/Bonn (12,4 Millionen), wo es ebenfalls kein Nachtflugverbot gibt. Fraas wies auch darauf hin, dass die Stadt aus seiner Sicht verantwortungsvoll mit dem Rund-um-die-Uhr-Betrieb umgeht. Man habe sich ausdrücklich dagegen entschieden, die Einnahmen des Flughafens durch nächtliche Frachtflüge zu verbessern. Nur Passagierflugzeuge sind erlaubt.

Bei einigen Stadträten war am Mittwoch die Sorge zu spüren, dass Nürnberg seinen Flughafen verlieren könnte, wenn man ihn nicht hätschelt. Die beiden größten Flughäfen Deutschlands sind zwar nur etwa 200 Kilometer entfernt; für die Stadt und die ganze Region bis nach Oberfranken, so der Tenor, sei ein eigener Flughafen aber von enormer Bedeutung, um für weltweit agierende Unternehmen wie Siemens, Schaeffler oder Adidas attraktiv zu sein. Und steigende Buchungszahlen bei den Urlaubsflügen zeigten, dass auch die Franken den kurzen Weg zum Terminal schätzten. Eine fast schüchtern vorgetragene Frage der Grünen-Stadträtin Britta Walthelm, ob die Politik auch jede Nachfrage bedienen müsse, führte am Mittwoch nicht zu einer Diskussion.

Laut Flughafen-Geschäftsführer Hupe gab es 2018 mehrere Gründe für den Anstieg der Nachtflüge. Weil der Tourismusverkehr in Nürnberg zugenommen hat, heben inzwischen überdurchschnittlich viele Flieger im Sommer ab. Entsprechend eng wird es im Flugplan, weshalb häufiger auf die Nacht ausgewichen werden muss. Hinzu kam laut Hupe, dass im vergangenen Jahr die Türkei wieder zu einem unerwartet gefragten Reiseziel wurde. Nachdem der Markt 2016 und 2017 eingebrochen war, stieg die Nachfrage drastisch. Der Flughafen reagierte und bot zusätzliche Starts und Landungen an, sodass im vergangenen Jahr 73 Prozent mehr Sitzplätze nach Antalya verkauft wurden als im Vorjahr. Ohne Nachtflüge wäre das nicht möglich gewesen. Hupe schloss nicht aus, dass er in diesem Jahr weitere Kapazitäten zur Verfügung stellt, falls der Ansturm auf die Türkei und Ägypten weiter zunimmt.

Zu zusätzlichen Nachtflügen kam es auch durch Gegebenheiten, die den gesamten Luftverkehr betrafen - diverse Streiks bei Flugsicherungen, Piloten und Bodenpersonal in Europa sowie zu eng getaktete Flugpläne bei vielen Airlines, die zu Verspätungen führten. Hier erwartet Hupe in diesem Jahr Verbesserungen. Fluglinien wie Eurowings und Ryanair hätten Puffer in ihre Flugpläne eingebaut.

Um die Belastung zu reduzieren, könnte der Flughafen seine Zuschläge für nächtliche Starts und Landungen erhöhen. Derzeit müssen Fluggesellschaften zwischen 0 Uhr und 5 Uhr die fünffachen Flughafenentgelte zahlen. 2019 sei eine weitere Erhöhung wegen mehrjähriger Verträge mit den Airlines nicht möglich, so Hupe.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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