Flüchtlingshilfe:Ärger auf dem Friedensfest

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Augsburgs Stadtspitze empört sich über Auftritt des "Lifeline"-Kapitäns

Von Christian Rost, Augsburg

Sie haben im Mittelmeer mit ihrem Schiff Lifeline Flüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet. Zuletzt 252 Menschen. Weil sich Europa zunehmend abschottet, ist das Engagement von dem in Landsberg am Lech lebenden Kapitän Claus-Peter Reisch nicht mehr gefragt. Mehr noch: Die Flüchtlingshilfe wird kriminalisiert. Das 32-Meter-Schiff, für das Reisch verantwortlich ist, wurde in einem maltesischen Hafen festgesetzt, er selbst wurde auf dem Inselstaat angeklagt, weil er unter niederländischer Flagge fuhr, was bei Schiffen dieser Größenordnung üblich ist. Sechs Rettungsmissionen von einer Dauer von jeweils drei Wochen hat Reisch auf See zwischen Italien und Libyen hinter sich. Und weil er darüber am Mittwoch beim Augsburger Hohen Friedensfest auf der Bühne sprach, für die Flüchtlingshilfe warb und den rund 1000 Zuhörern zurief, sie sollten "bunt wählen", hat die Stadtspitze der nackte Zorn gepackt.

Das Friedensfest ist ein nur in Augsburg begangener Feiertag, der an den Religionsfrieden zwischen Katholiken und Protestanten erinnert. Dass beim zentralen Festakt auf dem Rathausplatz nicht über die Hilfe für Flüchtlinge gesprochen werden darf, "kriege ich einfach nicht zusammen", sagt Reisch. Er habe lediglich über seine ehrenamtliche Arbeit berichtet und dafür viel Applaus bekommen.

Ganz anders die Stadtspitze, die sich im Bayerischen Rundfunk beinahe erbost gezeigt hatte über den Auftritt des Kapitäns. Eva Weber (CSU), die zweite Bürgermeisterin, wird mit den Worten zitiert: "Die Aktion war nicht in Ordnung. Die Friedenstafel ist ein Fest der Kirchen und der Augsburger Bürger. Es soll und darf nicht zu politischen Zwecken missbraucht werden." Oberbürgermeister Kurt Gribl (ebenfalls CSU) sei von Weber informiert worden und teile deren Haltung, hieß es weiter. Auf Nachfrage erklärte die Stadt, dass für politische Debatten - und das sei explizit so gewollt - das Rahmenprogramm des Friedensfestes zur Verfügung stehe. Auf der Bühne vor einem großen Publikum will man die heiklen Themen offenbar nicht angesprochen wissen. Demnächst soll sich der Stadtrat mit dem Auftritt des Kapitäns beschäftigen, der sich ob der eigentlich wichtigen Probleme auf Malta schon ein dickes Fell zugelegt hat. Am 21. August muss er sich dort einem Gerichtsverfahren stellen, wo sein Schiff "mit Gewalt" stillgelegt worden ist. Vor diesem Hintergrund ficht ihn die Lokalposse in Augsburg nicht weiter an. "Das Schicksal der Flüchtlinge interessiert mehr Leute, als die Politik glaubt", sagt Reisch.

© SZ vom 10.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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