Es gab schon viele schlimme Situationen in der Erstaufnahmeeinrichtung im mittelfränkischen Zirndorf. Aber so einen Zustand haben selbst Sozialarbeiter, die dort schon lange arbeiten, noch nicht erlebt. Für 650 Flüchtlinge ist die frühere Kaserne ausgelegt, derzeit sind 1600 Menschen gezwungen, dort ein Leben zu fristen, das in einem europäischen Land mehr als fragwürdig erscheint.
Asylbewerber müssen zum Teil stundenlang für ihr Essen anstehen, am Nachmittag sieht man immer noch Menschen, die auf ihr Mittagessen warten. Nicht nur die Kapelle, die Busgarage und Notzelte sind überbelegt. Die Matratzen liegen auch im Frühstücksraum, wo sie die Flüchtlinge morgens um acht Uhr wegräumen und ihre Habseligkeiten irgendwo verstauen müssen. "Wenn die Rede davon ist, da sei eine Grenze erreicht, sage ich: Die ist längst überschritten", sagt Gunnar Dillschneider von der Rummelsberger Diakonie, die sich um die Flüchtlinge kümmert.
Am Donnerstag hat die Regierung von Mittelfranken die Tore erstmals seit dem Kollaps des Lagers für die Öffentlichkeit geöffnet. Man sieht verstörte Flüchtlinge, die ihre Matratzen von den Lagerfluren nach draußen ins Freie tragen. Sozialarbeiter berichten, dass sie alles tun, um den Leuten halbwegs gerecht zu werden. Dass sie aber merken, dass das nicht mehr möglich ist.
Eine Sozialpädagogin ist morgens kaum noch in ihr Büro gekommen, weil der Weg mit Matratzen belegt war. Brandschutz? Danach frage sowieso kaum einer mehr. "Zum Glück sind alle besonnen", sagt eine Sozialarbeiterin, alles andere wäre fatal. Die hygienischen Einrichtungen? 1600 Menschen teilen sich 80 Duschen und 70 Toiletten. Am Eingang eines 200-Mann-Zeltes liegt ein Haufen Müll. "Es stinkt, es ist eng, ich will hier nur weg", sagt ein Flüchtling.
Michael Münchow, Sprecher der Regierung von Mittelfranken, macht keinen Hehl daraus: "Das ist keine menschenwürdige Aufnahme mehr." Man hoffe jetzt auf neue Notzelte in Nürnberg. Der Brandschutz in der zum Lager umfunktionierten Kapelle in Zirndorf? "Fragen Sie besser nicht."