Süddeutsche Zeitung

Zuflucht:Flüchtlinge in Regensburg: Schutz ja, Kirchenasyl nein

Dass Asylbewerber im Regensburger Dom Zuflucht finden ist richtig und gut. Doch zum Instrument in einer politischen Auseinandersetzung darf sich die Kirche nicht machen lassen.

Kommentar von Katja Auer

Ausgerechnet im Dom haben die Menschen aus den Balkanländern Zuflucht gesucht, in einer katholisch geprägten Stadt wie Regensburg ein ebenso sicherer wie symbolträchtiger Ort. Sie wurden nicht abgewiesen wie Maria und Josef auf ihrer Herbergssuche vor 2000 Jahren, das Bistum gewährt den Flüchtlingen Schutz. Das ist richtig und nur konsequent von einer Institution, die sich dem hehren Gebot der Nächstenliebe verpflichtet sieht.

Zum Instrument in einer politischen Auseinandersetzung allerdings darf sich die Kirche nicht machen lassen und deswegen ist es ebenso richtig und konsequent, dass die Diözese Regensburg den Asylbewerbern kein Kirchenasyl gewähren will. Damit würde sie einen Präzedenzfall mit unvorhersehbaren Folgen schaffen. Das Kirchenasyl muss Härtefällen vorbehalten bleiben, etwa Flüchtlingen, denen den Dublin-Verordnungen zufolge die Abschiebung in ein anderes europäisches Land droht, in dem sie weder ein faires Verfahren noch eine angemessene Versorgung erwartet.

Nun ist nicht auszuschließen, dass unter den Flüchtlingen in Regensburg ebenfalls Härtefälle sind, auch wenn ihre Asylgesuche allesamt abgelehnt wurden. Die Menschen, darunter Roma, beklagen, dass ihre Anliegen nicht ernsthaft geprüft würden, seit die Balkanländer zu sogenannten sicheren Herkunftsländern ernannt wurden.

Tatsächlich ist etwa im Bamberger Abschiebezentrum kein einziger Asylantrag positiv beschieden worden, auch wenn Menschenrechtsorganisationen mehrfach nachgewiesen haben, dass es Diskriminierung von Roma auf dem Balkan gibt. Dass in Bayern kaum noch Asylbewerber aus diesen Ländern leben, liegt nicht daran, dass sich deren Probleme gelöst hätten, sondern an der rigiden Abschiebepolitik. Deswegen verdient der Protest in Regensburg Aufmerksamkeit und es ist die Aufgabe der Politik, ihm zu begegnen und vor allem dem Vorwurf, dass Flüchtlinge vom Balkan pauschal abgeschoben werden. Das darf nicht sein.

Das Bistum will die 48 Menschen nun vom Dom in das Pfarrheim St. Emmeram umquartieren. Dort können sie besser versorgt werden. Diese Aufgabe will die Kirche übernehmen, so lange sie notwendig ist. Jetzt sind die Behörden dran.

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Quelle:
SZ vom 11.07.2016/infu
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