Flüchtlinge in Bayern:Das Urteil gegen einen fränkischen Ladeninhaber ist gefährlich

Der Mann wurde wegen Volksverhetzung verurteilt, weil er Flüchtlinge mit Hunden verglichen hatte. Die Entscheidung ist richtig - aber die Begründung ist falsch.

Kommentar von Wolfgang Janisch

Das Amtsgericht Wunsiedel hat ein Urteil gefällt, das richtig ist. Es hat einen Ladeninhaber aus dem oberfränkischen Selb wegen Volksverhetzung verurteilt, weil er ein Schild mit dem Satz "Asylanten müssen draußen bleiben" ins Schaufenster stellte - ein Schild, auf dem ein Hund zu sehen war. Die Gleichsetzung des Menschen mit dem Tier war eine böswillige Herabwürdigung von Asylbewerbern. Der Mann muss Strafe zahlen. So weit, so korrekt.

Doch der Amtsrichter aus Wunsiedel hat bei der Urteilsverkündung einen Satz gesagt, der wahrscheinlich falsch, mindestens aber überflüssig und ganz sicher gefährlich war. Richter Roland Kastner nannte die Sache eine "Dummheit" und fügte hinzu; "Sie hätten ohne Probleme an ihre Tür schreiben können: Asylanten haben hier nichts zu suchen - ohne den Hund."

Das hetzerische Element einer solchen Botschaft ist nicht zu übersehen

Das klingt wie der perfide Rat eines Justizvertreters - für künftig aufzuhängende Schilder. In aufgeladenen Zeiten wie diesen kommt das Wort des Richters beinahe einer Aufforderung gleich: Seht her, so kann man sich ausländerfeindlich und dennoch rechtskonform verhalten.

Es ist schon fraglich, ob das überhaupt richtig ist. Gewiss, im führenden Strafrechtskommentar steht, ein Schild an einem Lokal, das bestimmten Gruppen den Zutritt verweigere, erfülle "in der Regel" nicht den Tatbestand der Volksverhetzung. Aber man möge sich einmal vorstellen, was geschähe, wenn das Beispiel Schule machte: Wenn Metzger, Bäcker, Einzelhändler Asylbewerbern den Zutritt verweigerten - also jene Geschäfte, in denen der Mensch die Grundbedürfnisse des Lebens deckt. Das hetzerische Element einer solchen Botschaft wäre nicht zu übersehen: Menschen wie euch geben wir nicht einmal zu essen und zu trinken.

Vollends unmöglich ist es aber, anlässlich eines Rechtsfalles die Antwort auf eine Frage zu verkünden, die niemand gestellt hat. Richter haben sich auf das Problem zu beschränken, das auf ihrem Tisch liegt - hier: Spruch plus Bild gleich Volksverhetzung. Dampfplaudereien eines Richters mögen im königlich-bayerischen Amtsgericht ihren Platz haben. In Zeiten, in denen Anschläge auf Asylbewerberheime verübt werden, sind sie schlicht unverantwortlich.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorigen Version haben wir berichtet, dass der Verurteilte ein Metzger sei. Das ist falsch. Der Mann arbeitet als selbstständiger Handelsvertreter.

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