Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge in Bayern:Müller will Asylgesetze überprüfen

Bayerns Sozialministerin Emilia Müller will das Aufnahmegesetz für Flüchtlinge überprüfen. Es regelt, wann Asylbewerber in private Wohnungen ziehen dürfen. Doch für den Bayerischen Flüchtlingsrat und die Opposition ist das nicht genug.

Angesichts der dramatischen Situation in den Unterkünften für Asylbewerber gibt sich Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) offen für rechtliche Verbesserungen. "Alles kommt auf den Prüfstand", sagte ein Sprecher. Dazu gehöre auch, aber nicht nur, das Aufnahmegesetz für Flüchtlinge. Dieses regelt, wann ein Asylbewerber in eine private Wohnung ziehen darf. Flüchtlingsaktivisten kritisieren die Vorgaben seit Längerem.

Man müsse in der Diskussion sehr genau unterscheiden, welches Gesetz für welche Personengruppe gelte, heißt es aus dem Ministerium. Oft würden zum Beispiel die Wohnungsnot für anerkannte Asylbewerber, die auf dem freien Markt keine Unterkunft finden, und die Überfüllung von Erstaufnahme-Einrichtungen gleichgesetzt.

Der Bayerische Flüchtlingsrat begrüßte Müllers Gesprächsbereitschaft, wies aber ebenfalls darauf hin, dass die dringend nötige Lockerung keine Antwort auf die überfüllten Erstaufnahmelager sei. Diese suchen ständig Notquartiere, um genügend Betten für neu eintreffende Flüchtlinge zur Verfügung zu haben. Das gesamte Unterbringungssystem müsse jetzt flexibel und nachhaltig umgestaltet werden, fordert der Flüchtlingsrat.

Die Opposition im Landtag sieht in einem weiteren Punkt Handlungsbedarf: bei der Abschiebe-Praxis. Für die Grünen ist diese "unmenschlich". "Allein bis Ende Juli wurden 330 Personen in Haft genommen", sagte Christine Kamm, die asylpolitische Sprecherin. Die meisten von ihnen seien nur deshalb in Abschiebehaft gekommen, "weil sie ohne gültige Papiere nach Bayern eingereist waren und ihr Asylantrag abgelehnt wurde".

Nur mangelhaft geschult

Obwohl viele der Betroffenen vor Gewalt und Terror geflohen seien, etwa aus Syrien, würden sie wie Kriminelle behandelt. Aus Sicht des Innenministeriums ist diese Darstellung nicht richtig: Ein erheblicher Teil der "Abschiebungsgefangenen" habe gegen ausländerrechtliche Bestimmungen verstoßen, oder es handele sich gar um "ausgewiesene Straftäter oder Gefährder".

Überdies sei die Zahl der Personen in Abschiebehaft aktuell "so gering wie nie" - nur sieben am 30. Juli. Kamm kritisiert auch die Haftdauer, die in einem Fall 257 Tage betragen habe. Zudem seien Justizbeamte für den Umgang mit traumatisierten Asylbewerbern nur mangelhaft geschult. Diesen Vorwurf weist das Justizministerium zurück.

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SZ vom 29.09.2014/dm/heff/amm
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