Süddeutsche Zeitung

Debatte über Asylpolitik:Emotionale Stunde

Im Landtag läuft die Debatte über Asylpolitik aus dem Ruder. Inhaltlich kommt wenig Neues rum, trotzdem wird es laut.

Von Daniela Kuhr

So laut wie am Donnerstagmorgen ist es schon lang nicht mehr im Bayerischen Landtag geworden. Um ziemlich genau 9.45 Uhr sah sich Vizepräsidentin Inge Aures (SPD) denn auch genötigt, das kurz einmal klarzustellen. "An die Tribüne da oben: So geht es bei uns nicht immer zu", sagte sie zu den Besuchern - und prompt mussten alle lachen. Das erste Mal an diesem Morgen. Es tat erkennbar allen gut. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Debatte derart erhitzt, dass sie fast zu eskalieren drohte. Es ging nun einmal um ein Thema, das Emotionen hochkochen lässt: Asyl und Flüchtlinge.

Die CSU hatte eine Aktuelle Stunde beantragt - und dafür einen Titel gewählt, der allein schon völlig genügt hätte, die Opposition auf die Palme zu bringen: "Klartext statt Schönreden", hieß es da. Und: " In der Asylpolitik jetzt die richtigen Weichen stellen!" Es stimme natürlich, sagte die SPD-Abgeordnete Angelika Weikert. Man müsse "Klartext" reden. Aber doch nicht so, wie die CSU es mache. Erst am Mittwoch habe Finanzminister Markus Söder behauptet, Bayern befände sich "schon fast im Katastrophenmodus", sagte Weikert. "Angesichts der wirklichen Katastrophen in der Welt ist das einfach nur zynisch." Zwar werde Söder ab und zu von Ministerpräsident Horst Seehofer "zurückgepfiffen". Aber nur, damit dieser dann seinerseits von "massenhaftem Asylmissbrauch" reden könne.

Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause kritisierte: Was die CSU in der Asylpolitik von sich gebe, sei "nicht Klartext, sondern Stimmungsmache. Sie spalten und vergiften. Das ist ein brandgefährliches Spiel". Wie gefährlich, könne man auch an dem jüngsten Brandanschlag im Kreis Pfaffenhofen sehen. "Wollen Sie wirklich den Menschen, die das tun, noch die Argumente liefern, warum sie es tun?"

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer konterte mit Zahlen: Vor drei Jahren habe man 80 000 Asylbewerber gehabt, dann 120 000 und jetzt 500 000. "Ich sage Ihnen: Wir haben kein rhetorisches, sondern ein reales Problem." Dieses müsse man angehen und lösen - "und nicht wegreden, wie Sie es machen". Innenminister Joachim Herrmann sagte, in der vergangenen Woche seien 5075 Asylbewerber nach Bayern gekommen, "ein neuer Allzeitrekord". Natürlich müssten Flüchtlinge aus Krisengebieten "spüren, dass wir ihnen gern helfen". Doch es kämen eben auch zahlreiche Menschen aus Kosovo, Albanien und Montenegro - alles Länder, die nach Meinung der CSU dringend zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden müssten. Dort gebe es keine allgemeine Verfolgung und diese Flüchtlinge belegten in Deutschland Plätze, die dringend für wirklich Schutzbedürftige benötigt würden. Für Herrmann steht fest, "dass die deutliche Mehrheit der Menschen, die zu uns kommen, keinen Anspruch auf Asyl hat".

Die CSU will das Thema "sichere Herkunftsländer" erneut in den Bundesrat bringen, auch wenn die rot und grün regierten Länder den Antrag sicher "wieder ablehnen" werden, wie Kreuzer vermutete. Doch dann müssten sie sich über eines im Klaren sein: "Entweder Sie stimmen im Bundesrat zu, oder Sie sind verantwortlich für diese Entwicklung", sagte Kreuzer mit Blick zu den Reihen von SPD und Grünen.

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger warf der CSU "klägliches Politikversagen" vor. Anders als SPD und Grüne kritisierte er, dass die CSU längst hätte durchgreifen müssen. "Wir haben 30 000 Albaner in den Verfahren, die 0,0 Prozent Chance auf Anerkennung haben", sagte Aiwanger. Die CSU sei "dieser Situation nicht gewachsen", was Kreuzer zu der Bemerkung veranlasste, dass Aiwanger doch nur Angst vor Populisten habe - weil er selbst ein Populist sei.

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SZ vom 17.07.2015
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