Süddeutsche Zeitung

Flächenverbrauch:Bund Naturschutz kritisiert ICE-Trasse

Von Christian Sebald

Kurz vor der Aufnahme des regulären Zugverkehrs auf der neuen ICE-Trasse zwischen Nürnberg und Erfurt am 10. Dezember hat der Bund Naturschutz (BN) seine massive Kritik an dem Milliardenprojekt bekräftigt. "Die Hochgeschwindigkeitsstrecke war und ist ein flächenfressendes, landschaftszerstörerisches Prestigeprojekt, das nicht nur extrem teuer ist, sondern den Ressourcenverbrauch weiter forciert", sagt der BN-Vorsitzende Hubert Weiger und spricht von einem "ökonomischen und ökologischen Desaster, das sich auf keinen Fall wiederholen darf". Zwar ist die Bahn auch für den BN das Verkehrsmittel der Wahl, weil sie im Vergleich zum Flugzeug und zum Auto das umweltschonendste ist. Aber was die ICE-Trassen anbelangt, seien die Unterschiede zwischen Bahn, Flugzeugen und Autos am geringsten, die kritischen Aspekte dagegen am größten.

So bringe die ICE-Trasse allenfalls für Bahnpassagiere von München oder Nürnberg nach Berlin und umgekehrt Vorteile. Für die Regionen, in die man die Trasse hineinbetoniert hat, überwiegen laut BN die Nachteile. Von Lichtenfels nach Nürnberg brauche man derzeit mit dem Zug 55 Minuten, künftig werden es 70 Minuten sein. Andere Regionen wie der Raum Kronach müssten ebenfalls Verschlechterungen hinnehmen. Ob überhaupt einmal ein Güterzug auf der ICE-Trasse verkehren wird, steht für den Verband in den Sternen. Kritik übt der BN zudem an den massiven Kostensteigerungen. Zu Beginn der Planungen habe man 3,2 Milliarden Euro für die 190 Kilometer lange Trasse veranschlagt. Inzwischen spreche die Bahn von 5,3 Milliarden - "dabei steht die Schlussrechnung steht noch komplett aus", sagt Weiger.

Vor allem aber verurteilt der BN die immensen Eingriffe in die Landschaft. Die ICE-Trasse wurde fast waagrecht durch die Mittelgebirgslandschaft geschlagen, die Folge sind allein in Bayern elf neue Talbrücken und acht Tunnel. Auf der gesamten Länge der ICE-Trasse seien Feuchtgebiete, Hecken, Wiesen, Äcker und Wälder und damit auch die Lebensräume für zahlreiche Tierarten zerstört worden. Für den Abraum aus dem Tunnelbau habe man riesige Deponien aufgeschüttet, die nun die Landschaft entstellten. Und die Böschungen und Brücken entlang der Strecke zerstörten die schönsten Ausblicke, etwa auf den Gottesgarten am Obermain und das Banzer Hügelland.

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Quelle:
SZ vom 05.12.2017
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