Jedes Ende ist mit einem Anfang verbunden: Das gilt im Job und in der Liebe, das ist auch im Filmgeschäft so. Während mit der Oscarverleihung gerade die diesjährige „Award Season“ endete, startet nun die Festivalsaison. Wobei es dafür natürlich kein offizielles Startdatum gibt, Filmfestivals finden mittlerweile das ganze Jahr und überall auf der Welt statt – zuletzt etwa in Berlin oder Sundance. Trotzdem ist der März ein besonders beliebter Monat, allein in Bayern lockt in den kommenden Wochen ein halbes Dutzend etablierter Filmfestivals das Publikum an.
Los geht es in Nürnberg: Dort wird am 7. März das „Filmfestival Türkei Deutschland“ eröffnet. Es ist bereits die 29. Festivalausgabe, man versteht sich als Begegnungsplattform für die Kinokunst beider Länder. Festivalleiter Adil Kaya betont, wie wichtig solche Veranstaltungen seien. „Wie immer stand eine beliebte Zielscheibe bereit: Menschen mit Migrationshintergrund“, schreibt er mit Blick auf den gerade zu Ende gegangenen Wahlkampf in Deutschland, bei dem es ja scheinbar nur ein einziges Thema gab. Dem möchte er ein kulturell vielfältiges Programm entgegenstellen: Insgesamt werden bei seinem Festival 34 Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme gezeigt.
Einige Filme sind Premieren, die meisten waren schon anderswo zu sehen. Mehmet Akif Büyükatalays Verschwörungsthriller „Hysteria“ etwa lief erst vor ein paar Wochen bei der Berlinale, jetzt will ihn der Filmemacher gemeinsam mit seinen Schauspielern (unter anderem der Netflix-„Kaiserin“ Devrim Lingnau) persönlich in Nürnberg vorstellen. Auch Jurijs Saule, Regisseur des mit Ulrich Tukur prominent besetzten Dramas „Martin liest den Koran“ oder Serpil Gül, Hauptdarstellerin des Spielfilms „Döngü – Der Zyklus“, wollen anreisen.

Als Eröffnungsfilm läuft die türkische Komödie „Mukadderat – Schicksal“ über eine ältere Dame, die nach dem Tod ihres Mannes sofort wieder heiraten möchte. Der deutsche Dokumentarfilm „Die Möllner Briefe“ begleitet die Überlebenden eines 1992 von Neonazis verübten Brandanschlags. Damals brannten zwei Wohnhäuser in der norddeutschen Kleinstadt Mölln, zwei türkische Kinder und deren Großmutter starben. Den Festival-Ehrenpreis erhalten der Dokumentarfilmer Osman Okkan und die Schauspielerin Nur Sürer.
Knapp 90 Kilometer nördlich von Nürnberg startet am 7. März ein weiteres bayerisches Festival. Beim „Kontrast Filmfest“ in Bayreuth werden drei Tage lang Kurzfilme aufgeführt, im Jugendkulturzentrum der Stadt treffen Filmemacher und Publikum aufeinander. Dieses Jahr feiern die Organisatoren Jubiläum: Bei der 25. Festivalausgabe stehen 39 Filme aus Ländern wie Australien, Frankreich oder Deutschland auf dem Spielplan. Zusätzlich gibt es ein Kinderprogramm, Vorträge und Partys.
Einige der bayerischen Filmfestivals haben Länderschwerpunkte: Wie das genannte Festival in Nürnberg, das gerade zu Ende gegangene „Mittel Punkt Europa“ Festival im Münchner Filmmuseum oder die Ende April stattfindenden „Grenzlandfilmtage Selb“, die den Fokus auf Filme aus Osteuropa legen. Andere Festivals konzentrieren sich auf kurze Filme – wie das „Landshuter Kurzfilmfestival“ (18. bis 24. März) oder die Ende März stattfindende „Kurzfilmwoche Regensburg“. Ebenfalls in Regensburg findet ab 10. April das „Hard:Line International Film Festival“ statt, hier werden fünf Tage lang Genrefilme aus den Bereichen Horror, Thriller oder Science Fiction aufgeführt.
So vielseitig die Festivals in ihrer inhaltlichen Ausrichtung sind, so ähnlich sind sie sich in der Organisation und dem Aufbau. Sie zeigen Filme fernab des Mainstreams, sie sorgen auch außerhalb der Metropolen für mediale Aufmerksamkeit, für kulturellen Austausch und ausverkaufte Veranstaltungsorte. Gleichzeitig sind sie auch chronisch unterfinanziert: Ohne ehrenamtliche Helfer geht es nicht, sie halten die Festivals teilweise seit Jahrzehnten am Laufen. Seit einigen Jahren gibt es den VBFF (Verband Bayerischer Filmfestivals), der sich laut Eigenauskunft „als Plattform für den wechselseitigen Erfahrungsaustausch wie auch als Sprachrohr nach außen“ versteht.
So engagiert sich der Verband (dem viele, aber nicht alle Filmfestivals in Bayern angehören) vorwiegend für die Unterstützung seitens öffentlicher Institutionen und Politik, gemeinsam erreicht man eben mehr. Ein weiteres Problem müssen die Festivalteams selbst lösen: Viele von ihnen leiden unter Nachwuchsmangel, vielerorts finden sich keine jungen Leute, die weitermachen wollen. So hat sich etwa im Jahr 2023 der Trägerverein der „Filmzeit Kaufbeuren“ aufgelöst; ob es das traditionsreiche Allgäuer Autorenfilmfestival jemals wieder geben wird, steht in den Sternen.
Wo das eine endet, fängt das andere an: In München gibt es in den kommenden Wochen mit „Flimmern & Rauschen“ (ab 13. März) und dem „Bunten Hund“ im Werkstattkino (ab 27. März) neue Ausgaben von etablierten Filmfestivals, im April folgen die Türkischen Filmtage, im Mai das deutlich größere Dok-Fest München. Dokumentarfilme bei einem Festival kann man auch schon vorher sehen: Vom 20. bis 23. März findet im oberbayerischen Bad Aibling die „Nonfiktionale“ statt. Es ist die 17. Ausgabe des Festivals, das nicht nur unter Dokumentarfilmern einen ausgezeichneten Ruf hat. Als Eröffnungsfilm läuft Uli Deckers mehrfach preisgekrönter Dokumentarfilm „Anima – Die Kleider meines Vaters“ (über ein lebenslanges Versteckspiel in ihrer eigenen Familie), mit deutschen Filmhighlights wie „Jenseits von Schuld“ oder „Die Geheimnisse des schönen Leo“ kann sich auch das restliche Festivalprogramm sehen lassen.