Film über Mastbetriebe:Tierquälerei in schwäbischer Putenfarm

Film über Mastbetriebe: Eines der gequälten Tiere in der schwäbischen Putenmast, die als Zulieferbetrieb für das österreichische Unternehmen "Hubers Landhendl" arbeitet.

Eines der gequälten Tiere in der schwäbischen Putenmast, die als Zulieferbetrieb für das österreichische Unternehmen "Hubers Landhendl" arbeitet.

(Foto: Soko Tierschutz)

Bayern hat einen neuen Geflügel-Skandal: Die "Soko Tierschutz" hat in einem Mastbetrieb in Schwaben schwere Verstöße gegen das Tierwohl mit der Kamera dokumentiert. Der betroffene Landwirt weist dennoch alle Vorwürfe zurück.

Von Christian Sebald

Es sind entsetzliche Bilder, welche die Organisation "Soko Tierschutz" in einem Putenmastbetrieb im schwäbischen Landkreis Dillingen gedreht hat: Die Kamera hat drei große, unten offene Metalltrichter im Visier. Plötzlich tritt ein Mann heran und steckt eine Pute hinein. Als der Kopf des Tieres aus der Öffnung unten am Trichter herausragt, zückt er ein Messer und schneidet der Pute die Kehle durch. Wild zuckend blutet das offensichtlich unbetäubte Tier aus - minutenlang. Der Mann hat derweil im Trichter daneben bereits der nächsten Pute die Kehle durchgeschnitten. "Ich habe ja schon sehr viel Leid und Quälereien in deutschen Geflügelfarmen erlebt", sagt Friedrich Mülln von der "Soko Tierschutz". "Aber solche Zustände wie in dem Putenmastbetrieb in Dillingen habe ich noch nicht gesehen."

Bayern hat einen neuen Geflügel-Skandal. Die Soko Tierschutz hat für "Spiegel-TV" einen zehnminütigen Film über Putenmast in Süddeutschland gedreht. Mülln und seine Kollegen recherchierten dafür in sechs Geflügelfarmen, die in ihren Ställen jeweils bis zu 8000 Puten halten. Vier davon liegen in Bayern, eine in Baden-Württemberg und eine in Österreich. Alle Betriebe haben zweierlei gemeinsam: Mülln und seine Mitarbeiter werfen ihnen massive Tierquälereien vor. Und alle liefern ihre Puten an das oberösterreichische Familienunternehmen "Huber Landhendl".

Anders als die großen Geflügelkonzerne hat "Huber Landhendl" in Bayern bislang einen guten Ruf. Schon von der Schlachtkapazität ist der Mittelständler sehr viel kleiner als seine Konkurrenten. Der Konzern Wiesenhof zum Beispiel dominiert in Bayern gut 80 Prozent des Brathähnchen-Marktes. "Huber Landhendl" legt aber auch besonderen Wert darauf, dass es den Tieren in seinen Mastbetrieben gut geht. "Uns als Verarbeiter ist das Wohl der Tiere während der Aufzucht und der Mast wichtig", steht auf der Firmen-Homepage. Die gelte für die Haltung genauso wie das Futter, heißt es an anderer Stelle. Schließlich "liefern nur Tiere, die sich wohlfühlen, hochwertiges Fleisch".

In den Huber-Mastbetrieben haben Mülln und seine Mitarbeiter indes Zustände dokumentiert, wie sie in der Vergangenheit auch schon in vielen anderen Massentierhaltungen angeprangert wurden. Immer wieder zeigen die Aufnahmen verletzte Tiere. Bei einigen sind die Körper von Wunden schier übersät. Die Soko Tierschutz hat auch Bilder von einem Arbeiter gedreht, der offenbar schwer verletzte Tiere töten und in einem Kadavercontainer entsorgen will. Der Mann schlägt mit einem Prügel auf die heftig mit den Flügeln flatternden Puten ein. Es gibt für sie kein Entkommen.

Massiver Einsatz von Antibiotika

Andere Sequenzen zeigen Puten, die sich kaum noch vom Boden erheben können. Dies ist eine Folge der sogenannten Qualzucht. Puten werden für gewöhnlich binnen vier bis fünf Monaten auf ein Schlachtgewicht von bis zu 20 Kilogramm gemästet. Ein Drittel davon ist Brustfleisch. Die Folge: Die Tiere können nicht mehr ohne Schmerzen aufstehen und sich nur noch wenige Schritte bewegen, wie nicht nur die Soko Tierschutz anprangert, sondern zum Beispiel auch der Bund Naturschutz. Mülln zeigt aber auch, dass allen Puten die Schnäbel gekürzt werden. Der Grund: In der qualvollen Enge der Massentierhaltung würden die Tiere sich sonst noch schlimmere Verletzungen zufügen. Außerdem zeigen die Tierschützer, dass in der Putenmast ganz offenkundig der massive Einsatz von Antibiotika an der Tagesordnung ist.

Mülln hat den Mäster im Landkreis Dillingen angezeigt. Und Umweltminister Marcel Huber (CSU), der für den Verbraucherschutz in Bayern zuständig ist, hat seinen Sprecher sofort versichern lassen, dass die Vorwürfe "schnellstmöglich und umfassend aufgeklärt werden". Auch bei "Huber Landhendl" gibt man sich "sehr betroffen" und verspricht Aufklärung. Weiter heißt es in einer Presseerklärung, die auf Anfrage versandt wird, der bayerische Tiergesundheitsdienst (TGD) habe den Betrieb im vergangenen halben Jahr sieben Mal kontrolliert und dabei keinen Hinweis auf die Tierquälereien gefunden. Im Gegenteil. In dem TGD-Bericht heiße es, der Betrieb gehe "sorgsam mit den Tieren um". Bis zur Klärung der Vorwürfe will "Huber Landhendl" nun keine Puten mehr von dem Mäster beziehen.

Der Landwirt selbst bestreitet die Anschuldigungen. Er sei seit 38 Jahren in der Putenmast, sagte der Mann der Augsburger Allgemeinen, die Tiere hätten in seinen Ställen deutlich mehr Platz als auf anderen Höfen, er nehme auch an einer Studie zur Verbesserung des Tierwohls in der Tiermast teil. Auch setze er Antibiotika seit Jahren nicht mehr in der Prävention ein, sondern nur auf Anweisung seines Tierarztes.

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