Polizistenmord von Augsburg:Verdächtiger soll bereits früher einen Polizisten getötet haben

Zugriff unter höchster Geheimhaltung: Zwei Monate nach den tödlichen Schüssen auf den Polizisten Mathias V. in Augsburg hat die Kripo nun zwei Männer festgenommen. Die Tatverdächtigen sind einschlägig vorbestraft. Einer der beiden Männer ist angeblich schon einmal wegen Mordes an einem Polizisten verurteilt worden.

Sebastian Beck, Stefan Mayr und Susi Wimmer

Der Mord an einem 41-jährigen Polizisten in Augsburg ist möglicherweise aufgeklärt: Zwei Monate nach der Tat nahmen Spezialeinsatzkommandos der Münchner Polizei am Donnerstagmittag in Friedberg und in Augsburg zwei Verdächtige fest. Die Männer seien völlig überrascht gewesen und hätten keinerlei Widerstand geleistet, teilte die Staatsanwaltschaft Augsburg mit.

Zwei Festnahmen nach Polizistenmord in Augsburg

Zwei Monate nach der Tat gelingt der Polizei der Fahndungserfolg: Im Fall des Augsburger Polizistenmordes haben die Ermittler an diesem Donnerstag zwei Verdächtige festgenommen. Im Bild: Das Haus in Friedberg bei Augsburg, in dem einer der Männer sich beim Zugriff aufhielt.

(Foto: dapd)

Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks handelt es sich bei einem der Festgenommenen um einen Mann, der schon einmal wegen Mordes an einem Polizisten verurteilt worden ist. Die Tat liegt mehr als 30 Jahre zurück.

Am Donnerstag wurden die Verdächtigen im Polizeipräsidium Schwaben-Nord vernommen, parallel dazu gab es in Augsburg umfangreiche Durchsuchungsaktionen. An diesem Freitag sollen die beiden dem Haftrichter vorgeführt werden. Über das Motiv für die Tat herrschte bis Donnerstagabend noch Unklarheit.

Die Festgenommenen waren zuvor offenbar schon länger im Visier der Sonderkommission "Spickel". Zivilbeamte hatten sie über Tage hinweg beschattet. Nach Angaben der Polizei stammen sie aus dem Augsburger Kriminellenmilieu und sind einschlägig vorbestraft. "Das sind keine unbescholtenen Bürger", sagte ein Beamter der SZ.

Den Informationen des BR zufolge hatte einer der Männer im März 1975 einen 31-jährigen Polizisten an der Autobahnraststätte Augsburg-Nord mit einem Schuss ins Herz getötet. Der Täter war zu lebenslanger Haft verurteilt worden, er kam nach 18 Jahren wieder frei.

Entgegen ersten Vermutungen gibt es offenbar weder zur rechtsradikalen Szene noch zur Russen-Mafia Verbindungen. Zu ihrer Identität wollte die Kripo am Donnerstag mit Blick auf die laufenden Durchsuchungen keine Angaben machen: Aus ermittlungstaktischen Gründen könne man noch nichts sagen, erklärte Augsburgs Kriminalpolizei-Chef Klaus Bayerl. Details wollen Polizei und Staatsanwaltschaft an diesem Freitag auf einer Pressekonferenz bekanntgeben. Daran werden auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Justizministerin Beate Merk teilnehmen.

Ministerpräsident Horst Seehofer äußerte im BR seine Genugtuung über die Festnahme der Verdächtigen: "Wir haben möglicherweise einen Fahndungserfolg. Das freut mich ganz besonders", sagte er. Die hohe Leistungsbereitschaft, die Geduld und die Hartnäckigkeit der Ermittler hätten sich ausgezahlt.

Ermittlungserfolg durch Soko

Der Mord an dem Polizisten Mathias V. hatte in ganz Deutschland Bestürzung ausgelöst. An der Trauerfeier im Augsburger Dom hatten 1900 Menschen teilgenommen. Der Beamte und Vater zweier Kinder war in der Nacht zum 28. Oktober nach einer Verfolgungsjagd in Augsburg erschossen worden. Zuvor wollte er am Kuhsee zusammen mit einer Kollegin zwei Männer auf einem Motorrad überprüfen.

Polizistenmord in Augsburg: Ermittlungserfolg

Tagelang suchten Polizisten am Tatort nach Spuren. Auch in der Öffentlichkeit wurde mit großem Aufwand gefahndet. Welche Spur zum Erfolg führte, will die Kripo am Freitag mitteilen.

(Foto: dpa)

Die beiden versuchten über einen schmalen Staudamm zu flüchten, stürzten aber schon nach 250 Metern. Als sie von den Streifenpolizisten eingeholt wurden, eröffneten sie in der Dunkelheit aus zehn Metern Entfernung das Feuer. Mathias V. wurde von mehreren Kugeln tödlich getroffen. Seine Kollegin erlitt Verletzungen und ist seitdem dienstunfähig. Ob die Polizisten zurückgeschossen und die beiden Täter eventuell getroffen hatten, dazu wollte sich die Polizei bislang nicht äußern.

"Total überrascht"

Die Täter ließen ihr Motorrad, das sie drei Wochen zuvor in Ingolstadt gestohlen hatten, zurück und flüchteten zu Fuß. Die Fahndung nach ihnen gestaltete sich zunächst schwierig, obwohl sie am Tatort zahlreiche Spuren zurückgelassen hatten. Der Sonderkommission gehörten zeitweise 53 Beamte an, Spezialisten aus ganz Bayern - darunter auch sogenannte Profiler - wurden zur Aufklärung der Tat hinzugezogen. Offenbar fand die Spurensicherung am Tatort auch DNS-Material der Täter, jedenfalls mussten 50 polizeibekannte Männer eine DNS-Probe abgeben. Möglich, dass eine dieser Proben jetzt den entscheidenden Hinweis auf die Täter lieferte.

Die Belohnung wurde schrittweise auf 100 000 Euro erhöht. Insgesamt 700 Hinweise gingen aus der Bevölkerung ein - und dennoch schien eine heiße Spur zu fehlen. Nach einem Fahndungsaufruf in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY. . .ungelöst" waren vage Hinweise auf ein mögliches Drogengeschäft eingegangen. Bereits kurz nach der Tat hatte die Polizei Vermutungen angestellt, das Duo sei womöglich bei einem Drogendeal gestört worden.

Dennoch ergab sich die heiße Spur nach Angaben eines Polizisten nicht durch einen Tipp aus der Bevölkerung, sondern durch die "Ermittlungsarbeit der Soko". Offenbar erfolgte die Festnahme am Donnerstag unter großer Geheimhaltung. Selbst etliche Beamte seien vom Zugriff "total überrascht" gewesen.

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