Fernsehen und Kino:Action im Idyll

Die Alpenregion Tegernsee-Schliersee wird zum "Drehort des Jahres" gekürt - ein Überblick über beliebte Schauplätze und große Filme, über positive und negative Schlagzeilen

Von Josef Grübl

Die Gegend um den Tegernsee ist als Tal der Millionäre bekannt, als Ausflugsziel der Münchner und Heimstätte überlaufener Waldfeste. Für ihre Film- und Fernsehproduktionen kennt man sie weniger, doch das soll sich ändern: Die von Filmförderern und Tourismusbeauftragten ins Leben gerufene Initiative "Filmkulisse Bayern" verleiht der "Alpenregion Tegernsee Schliersee" den Preis "Drehort des Jahres 2016". Die Auszeichnung wird zum zweiten Mal vergeben, vergangenes Jahr erhielt sie die Stadt Nürnberg.

Knapp 70 Drehorte in Bayern standen dieses Mal zur Auswahl, die Jury hatte nicht nur Postkartenpanoramen im Blick: Kriterien wie Kommunikation, Infrastruktur, Übernachtungsmöglichkeiten und die Koordination von Drehgenehmigungen spielen ebenfalls eine Rolle. Denn der Wettbewerb ist hart, Produzenten erwarten Professionalität. Und ohne zusätzliche Anreize, vor allem finanzieller Natur, geht sowieso fast gar nichts.

Der undotierte Preis hat also eher symbolischen Wert, bei der Verleihung an diesem Dienstag wird es Reden geben unter anderen von Staatsministerin Ilse Aigner. Ob das reicht, wird sich noch zeigen, vorerst sei ein Rückblick gestattet: Was wurde in dieser Gegend bereits gedreht? Welche Schauplätze sind besonders beliebt? Und wo trifft man Schauspieler bei der Arbeit?

Hohe Berge

Bei einem Bergausflug kam einem Jungfilmer eine Filmidee über einen Musiker, der den Wendelstein-Sender überfallen will, um quasi unsterblich zu werden. Von der Ursprungsidee blieb nicht viel übrig, auf dem Wendelstein gedreht wurde trotzdem: "Wer früher stirbt, ist länger tot" lockte 2006 ein Millionenpublikum in die Kinos, seitdem hat Marcus H. Rosenmüller ein knappes Dutzend weiterer Filme gedreht, unter anderem in Bayrischzell, Holzkirchen oder am Sudelfeld. Das "H" in seinem Namen stehe für seinen ebenfalls in der Region liegenden Heimatort Hausham, behauptete der Regisseur damals - kein Wunder also, dass es ihn immer wieder hierher zurückzieht.

Feuchte Täler

Auch Berliner Autorenfilmer kommen in die Gegend, genauer gesagt der für seinen nüchternen Inszenierungsstil bekannte Christian Petzold. Vor einigen Wochen strahlte die ARD seine "Polizeiruf 110"-Episode "Wölfe" aus, gedreht wurde in Bayrischzell. Das idyllische Bergdorf ist bei Petzold nicht ganz so idyllisch, hierher kommt eine trockene Alkoholikerin (Barbara Auer) zur Kur. Erst wird sie rückfällig und feiert feuchtfröhlich, dann begegnet sie auf dem Heimweg vom Wirtshaus einer Kreatur mit großem Maul und roten Augen. Ein böser Wolf? Wie auch immer: Mit Berg- und Talromantik oder Bayerntümelei hat dieser Krimi wenig zu tun, was auch einmal ganz erholsam sein kann.

Tiefe Seen

Der Tegernsee ist bis zu siebzig Meter tief, viele der dort entstandenen Filme bewegen sich aber eher im Seichten. So auch die Medizinerschmonzette "Zwei Ärzte sind einer zu viel". Christiane Hörbiger und Elmar Wepper spielten darin zwei Halbgötter in Weiß, gedreht wurde direkt am Tegernsee. In die Schlagzeilen kam die ZDF-Serie aber nicht wegen der tollen Storys, die da erzählt wurden, sondern aufgrund einer Geschichte aus dem wahren Leben: Während der Dreharbeiten ertrank ein Komparse im See, ein Hubschrauber war zu nah an dessen Kanu gekommen, das kenterte. Ein Drehort muss auch negative Schlagzeilen aushalten können, für die Serie bedeutete der Unfall das Aus: Trotz anfänglich guter Einschaltquoten wurde sie 2009 nach fünf Folgen eingestellt.

Verborgene Wege

Deutlich kleiner als der Tegernsee ist der im Mangfallgebirge gelegene Soinsee. Im Sommer baden hier Wanderer, denen das Wasser nicht zu kalt ist, zum See selbst kommt man nur zu Fuß oder über einen verborgenen Forstweg. Nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für ein Filmteam mit seinem ganzen Equipment. Vor drei Jahren entstand hier aber ein aufwendiger Fantasyfilm fürs Kino: "Mara und der Feuerbringer" verknüpft die Abenteuer einer 14-Jährigen von heute mit Motiven der nordisch-germanischen Mythologie.

Ausgedacht und inszeniert hat sich das der Münchner Filmemacher Tommy Krappweis, er ließ am See die Hütte eines Halbgottes (Christoph Maria Herbst) aufstellen und wie von Zauberhand einstürzen. Im Film sieht das beeindruckend aus, fast so wie die Vorbilder aus Hollywood oder Neuseeland. "Unser Production Manager hatte ein System entwickelt, mit dem wir den einspurigen, steilen Weg nach oben für den Transport nützen, am See parken und wenden konnten, ohne dass uns die Fahrzeuge im Bild standen", erzählt Krappweis. Anhand dieses Films wird auch deutlich, dass Berge, Täler, Seen und Wege alleine nicht ausreichen: Ohne Infrastruktur, Kontakte und Knowhow wären sie reine Kulisse.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: