FDP-Politiker Tobias Thalhammer:Alle meine Entchen

Der FDP-Politiker Tobias Thalhammer ist der jüngste Abgeordnete im bayerischen Landtag. Auch außerhalb setzt er Akzente - zum Beispiel, indem er "Knuddelschnubbel" singt und Entenrennen veranstaltet. Ein Besuch.

K. Auer und M. Szymanski

Tobias Thalhammer steht mit hochgekrempelter Baldessarini-Jeans im Hachinger Bach und treibt Gummienten vor sich her. Das hat nichts Symbolisches, auch wenn die Viecher gelb sind wie die FDP und manche mit dem Kopf nach unten schwimmen. Es ist Entenrennen in Unterbiberg.

FDP-Politiker Tobias Thalhammer: Ente gut, alles gut: Tobias Thalhammer feuert in seiner Heimat Unterbiberg gelbe Plastikviecher an.

Ente gut, alles gut: Tobias Thalhammer feuert in seiner Heimat Unterbiberg gelbe Plastikviecher an.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das hat sich Thalhammer ausgedacht, vor sieben Jahren, weil nichts los war in Unterbiberg im Münchner Südosten. Aber Thalhammer mag das Dorf. "Da gibt es alles, was man braucht. Kirche, Wirtshaus, Feuerwehr."

Heute ist das Entenrennen ein Event, wie man so sagt, die Hüpfburg ist aufgebaut, es gibt Bratwürste und Kaffee und Kuchen, aus den Lautsprechern wird ein gewisser Hoppelhase Hans besungen. Ein paar Jungliberale malen Kindern Schnurrhaare ins Gesicht. Mittendrin Thalhammer. "In einer globalisierten Welt kann man nur bestehen, wenn man einen festen Bezugspunkt hat", sagt er, und seiner sei eben Unterbiberg. Deswegen steigt er jedes Jahr in den Bach.

Er ist gerade 31 geworden und trägt Trachtenhemd mit eingestickten Initialen auf dem Bauch - Doppel-T. Das zieht er gern an, sagt er, nicht erst seit er vor zwei Jahren für die FDP in den Landtag gewählt wurde, wo der Trachtenjanker zur Berufskleidung gehört. "Ich freue mich, dass ich die Arbeit im Landtag erleben darf", sagt er fast schon ehrfürchtig. Er habe niemals damit gerechnet, gewählt zu werden. Und das darf man ihm ruhig glauben, schließlich hat vorher 14 Jahre lang kaum einer die FDP gewählt.

SZ: Herr Thalhammer, wie groß ist die Angst, dass Sie mit Ihrer Partei bei der nächsten Wahl wieder aus dem Landtag fallen?

Tobias Thalhammer: Da habe ich überhaupt keine Bedenken. Ich glaube an das Glück des Tüchtigen.

SZ: In den Umfragen steht die FDP gerade nicht besonders gut da.

Thalhammer: Für Bayern gibt es keine aktuellen Zahlen. Die Leute schauen sehr genau hin, wen sie wählen. Und deswegen können sie unterscheiden zwischen Berlin und München. Sie werden die Leistung der FDP im Landtag honorieren.

SZ: Was ist denn die Leistung der FDP im Landtag?

Thalhammer: Wir müssen die CSU kontrollieren und sie immer auf dem Pfad der Vernunft halten oder zurückführen. Wir gestalten Bayern für die Zukunft und halten nicht nur an alten Zöpfen fest. Wir sind keine Jasager und keine Abnicktruppe. Wenn wir das sein müssten, dann sollten sie sich einen anderen Koalitionspartner suchen.

SZ: Das müssen Sie der CSU nicht lange sagen. Die wird alles dransetzen, um die FDP wieder loszuwerden.

Thalhammer: Ja, aber das ist keine Überraschung. Die Wahl 2008 war für die CSU der größte Unfall, der ihr jemals passiert ist. Wir werden im Gegenzug alles daran setzen, dass Bayern nicht mehr von einer Partei alleine regiert wird.

Noch ist es nicht die Politik, wegen der Tobias Thalhammer schon ziemlich bekannt ist. Bei Wikipedia, der volksbetriebenen Internet-Enzyklopädie, hat er einen eigenen Eintrag. "Tobias Thalhammer ist ein deutschsprachiger Schlagersänger", heißt es da. Dass er Politik macht, kommt erst im zweiten Satz.

Er singt "Kuddelschnubbel"

Zwölf Jahre war er alt, als er bei einer Benefizveranstaltung auftrat - mit einem selbstgeschriebenen Lied über das Reaktorunglück von Tschernobyl. "Warum nur" lautete der Titel. Damals lebte Thalhammer mit seiner Familie noch in Teunz, recht weit hinten in der Oberpfalz, wo die tschechische Grenze näher ist als Schwandorf.

Toby wurde entdeckt, es folgte eine Kinderstar-Karriere, später eine Rolle in der ARD-Seifenoper "Marienhof". Sogar ein "Oktobyfest" gab es schon im Münchner Hofbräukeller, das Super-Fan-Angebot mit zwei Übernachtungen für nur 60 Euro. "Schule allein hätte mich nicht ausgefüllt", sagt Thalhammer, den Spott der Mitschüler nahm er hin.

Angesagt war das nicht, was er machte, aber dafür verdiente er sein Taschengeld auf der Bühne, während seine Klassenkameraden für ein paar Mark Zeitungen austragen mussten. "Mit meiner Musik war ich nie bei den Coolsten dabei", sagt er selber, und als Jugendlicher hat er das nicht ganz so leicht weggesteckt. Sogar darüber gibt es einen Text: "Und in der Schule, das tat so weh, da lachten sie über meine CD."

Er ist trotzdem beim Schlager geblieben - obwohl seine Förderer anderes mit ihm vorhatten. "Die wollten mich als männliches Blümchen aufbauen", erzählt er. Also Techno-Pop mit schlichten Texten. Er wollte nicht. Er trat lieber weiter im Altenheim auf als in der Disco, sang Lieder wie "Knuddelschnubbel".

Und tut es immer noch. Wenn auch nur noch außerhalb Bayerns, der Politik wegen. In Bayern will er als Politiker ernst genommen werden. "Sehnsucht nach Schlesien" heißt sein aktueller Titel. Da laufen im Video weizenblonde Kinder mit einem Brotkanten durch ein Getreidefeld, und Sänger Toby streicht verträumt über ein paar Rosenblüten.

Freundin Bettina liebt ihn trotz seiner Musik. "Googel den mal", sagte ein eifersüchtiger Konkurrent vor gut zwei Jahren zu der jungen Frau, als Thalhammer um sie warb. Sie tat es - die beiden sind dennoch ein Paar geworden. Als er ihr eine CD schenken wollte, hat sie allerdings abgelehnt.

Es wäre einfach, Thalhammer zu unterschätzen, weil er Schlager singt und Unterbiberg zu Entenhausen macht. Im Landtag gibt es einige, die ihre Witze reißen, wenn Thalhammer - manchmal ein wenig zu schrill - am Rednerpult seine Reden zur Energie- und Umweltpolitik hält. "Bubi", frotzeln sie dann in den Reihen. Aber es macht ihm nichts mehr aus, versichert Thalhammer. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht.

"Immer Vollgas."

SZ: An der FDP-Basis ist die Stimmung verheerend. Wie konnte das passieren?

Thalhammer: Vor allem wegen irgendwelcher CSU-Eitelkeiten zwischen München und Berlin konnten wir noch nicht alle Ziele umsetzen. Dass man einen Koalitionsvertrag auf Bundesebene in Frage stellt, ist für mich ein Tabubruch. In Bayern hat sich die CSU dies nicht getraut.

SZ: Hat die FDP zu viel versprochen?

Thalhammer: Wir haben eine Vision. Und wer eine Vision hat, muss ein klares Ziel definieren. Es ist immer noch besser, Abstriche in Kauf zu nehmen, als sich gar nichts vorzunehmen.

SZ: Vielleicht ist die FDP die falsche Partei für diese Zeit.

Thalhammer: 18 Prozent unserer Wähler haben uns ihre Stimme gegeben, weil wir in ihren Augen für soziale Gerechtigkeit stehen. Wir arbeiten mit Herz und Verstand, wie der typische Mittelständler. Der kann knallhart kalkulieren, er hat aber immer ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter. So sehe ich unseren Auftrag, daher ist die FDP die richtige Partei zu dieser Zeit.

Thalhammer studierte Betriebswirtschaft, gründete seinen eigenen Musikverlag und ist heute Prokurist in einem mittelständischen Unternehmen mit 60 Mitarbeitern. Dazwischen machte er noch ein Praktikum in Tokio, und gerade lernt er Polnisch, weil er sich dem Land - auch wegen seiner musikalischen Erfolge dort - so verbunden fühlt. Jeden Freitag kommt seine Polnisch-Lehrerin ins Maximilianeum. Thalhammer ist ehrgeizig, das sagt auch seine Mutter. Wenn er etwas anfängt, dann richtig. "Immer Vollgas."

Das gilt jetzt für die Politik. In Ruhe mit der Mutter frühstücken, daheim in Unterbiberg, das komme selten vor.

Politik macht Thalhammer, weil er die Wehrpflicht abschaffen wollte. Nicht aus Prinzip, er war ja bei der Bundeswehr. "Ich wollte meine Männlichkeit beweisen", sagt er. Ihm ging es um etwas anderes: "Menschen brechen und neu formen" sei das Ziel bei der Bundeswehr, sagt er, und das dürfe der Staat nicht.

Also holte er sich die Programme der Nachwuchsorganisationen der Parteien, schaute bei der Jungen Union vorbei und landete schließlich bei den Julis, die als Einzige die Abschaffung der Wehrpflicht forderten. Leistungsbereitschaft, Weltoffenheit, Toleranz, diese Werte seien ihm wichtig, sagt Thalhammer - und die habe er in der FDP gefunden. Die richtige Wahl also. Oder, wie er an diesem Tag sagt: "Ente gut, alles gut."

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