Süddeutsche Zeitung

Politik in Bayern:Erst ein Kawummm bei der FDP, dann ein Hmmm

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Die FDP-Fraktion kommt diese Woche zur Klausur zusammen, da geht es auch um die Landtagswahl 2023. Bis dahin werden die Liberalen in Bayern wohl ein größeres Kunststück zu vollführen haben.

Glosse von Johann Osel

Als Freiheitskämpfer am Gartenzaun fiel FDP-Chef Martin Hagen zum Jahreswechsel auf. Da ließ er sich mit Raketen, Resten von 2019, in der Bild ablichten; so erfuhr man, dass es bei ihm daheim trotz Verkaufsverbot "funkeln, glitzern und knallen" werde. Quasi: Die Freiheit nehm' ich mir! Dieses mediale Manöver war zwar für Hagen, im Landtag für pfiffige Pointen bekannt, eher plump - aber in der liberalen Blase kam es an, Ziel erfüllt. Dass ihn dann noch eine Kontrolletti-Grüne aus Berlin wegen illegaler Lagerung von Explosivstoffen anzeigen wollte, machte die Causa selbst zur Rakete, im Netz. Kawummm!

Über zu wenig Aufmerksamkeit kann sich die FDP, zumal angesichts ihrer nur 5,1 Prozent im Landtag, eh nicht beklagen, auch sonst steht sie erst mal gut da. Die Bundestagswahl war ein Erfolg, bei Jungwählern ein großer. Beigetragen hat sicher die kritische Haltung zur Corona-Politik. Hagen sagt, die FDP habe sich nie von Gegenwind umwerfen lassen und so "Profil gewonnen". Umfragen zur Landtagswahl ergaben zuletzt neun bis elf Prozent.

Unter den Vorzeichen trifft sich die Fraktion diese Woche zur Klausur, um Bildung und Wirtschaft geht es - und um Strategien zur Wahl 2023. Wer sich unter FDP-Wählern im Freistaat umhört, vernimmt aber bereits grummelndes "Hmmm": dass sich im Corona-Alltag ja nicht viel geändert habe und man vom "Freedom-Day" kein Wort mehr höre; dass die Ampel jetzt über Parlamentspoetinnen debattiere statt über Steuerreformen, solche Dinge.

Einige Widersprüchlichkeit, die böswillig als Beliebigkeit ausgelegt werden könnte, keimt auch im Grundsatz auf. Hagen lobte den guten Start der Ampel, will sich aber ungern als Teil eines Ampel-Lagers begreifen. Die CSU sei kein Feind der FDP und bleibe denkbarer Koalitionspartner. Wie die Liberalen in Bayern dieses Spannungsfeld bis 2023 füllen - das dürfte noch ein größeres Kunststück werden.

Ohnehin wird in FDP-Kreisen schon lieber vorgebaut: Die jüngsten Umfrage-Werte sagten noch gar nichts aus, bis 2023 sei es lang hin. "Wäre die FDP eine Aktie, so würde ich sie spätestens jetzt verkaufen", schrieb in dieser Logik neulich ein Politik-Twitterer der Jungen Union. Die FDP könnte dem mit Blick auf Silvester eine andere Börsen-Weisheit entgegnen: "Kaufen, wenn die Kanonen donnern!"

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