Fastnacht in Franken:Seehofer hat keine Lust auf den Stoibersöder

Fastnacht in Franken

Horst Seehofer (hier mit SPD-Elvis Florian Pronold) ätzte über Markus Söders Stoiber-Kostüm: "Es ist halt immer wieder so,...

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

Bei der fränkischen Fastnacht lässt der Ministerpräsident seinen Finanzminister links liegen. Seehofer unterhält sich sogar lieber mit verkleideten Oppositionspolitikern.

Von Uwe Ritzer

Es dauert eine Weile, bis sich Horst Seehofer die Hoheit auf der Bühne erkämpft. Erst einmal gibt Kathrin Degmair das Mikrofon nicht her und ihr Dank an die Aktiven vor und hinter den Kulissen gerät ziemlich ausführlich. Seit ein paar Minuten ist die Liveübertragung zu Ende und nun steht ein gut gelaunter Ministerpräsident neben der aufgedrehten Frankenstudio-Chefin des BR und dem fränkischen Fastnachtspräsidenten Bernhard Schlereth.

Seehofer möchte endlich etwas sagen dürfen zu dreieinhalb Stunden Fastnacht in Franken. "Früher kam ich früher zu Wort", witzelt er und geduldet sich. Was soll's - noch gehört die Bühne ihm. Der andere muss unten in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen warten, bis auch er nach oben darf: Markus Söder.

Vielen Aktiven des Abends gefällt diese Hierarchie. Denn während Horst und Karin Seehofer sichtlich Spaß hatten, tippte Söder, wenn ihn gerade keine Kamera einfing, oft desinteressiert auf seinem Smartphone herum. "Respektlos", empfand das ein Fastnachter und stellte die These auf, der Hype um Söders aufwendige Verkleidungen stünde in diametralem Gegensatz zur Wirklichkeit. Egal, die Fotografen drängeln sich, als Söder verkleidet und geschminkt als Edmund Stoiber knapp eine halbe Stunde vor der Sendung eintrifft.

Horst Seehofer zeigt wenig Lust auf den Stoibersöder; er nimmt sich weitaus mehr Zeit für Selfies mit anderen Besuchern. Sogar der Plausch am SPD-Tisch mit Landeschef Florian Elvis Pronold und Fraktions-Piratencaptain Jack Rinderspacher gerät viel länger als die Begrüßungssekunden mit dem Stoibersöder. Während der Sendung sitzen der Veitshöchheimer Bürgermeister Jürgen Götz und der schwarze Innenminister-Marshall Joachim Herrmann als Puffer zwischen den beiden.

Der Ministerpräsident würdigt seinen Finanzminister kaum eines Blickes. Aber er grinst breit, als Musik-Comedian Matthias Waltz das härteste Humorgeschütz des Abends auf den Möchtegern-Nachfolger abfeuert: Söder sei "ein fränkischer Darth-Vader", singt er, "skrupellos und hundsgemein, ein echter Übeltäter, ein großer Populist."

Manche verkleideten sich fast zur Unkenntlichkeit

Bei so viel Testosteron halten sich andere Politiker lieber etwas abseits. Ilse Star-Wars-Prinzessin Leia Aigner legt die Schusswaffe kaum aus der Hand, bei Kultusminister Ludwig Spaenle blinken zur Abschreckung rote Hörnchen auf dem Kopf. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann gibt König Ludwig II. ähnlich melancholisch-versonnen wie das Original, das bekanntlich im Starnberger See ein tragisches Ende fand. Ob er den Söder kopiere, der neulich auch den Ludwig-zwo gegeben habe, wird Hartmann gefragt. "Ein Ludwig heißt nicht Markus", antwortet er. Aha.

Fast jeder Politiker hat sich ein Sprüchlein ausgedacht, falls ihn jemand fragt, was er sich bei seinem Kostüm denn so gedacht hat. Manche dachten aber nicht weit genug und verkleideten sich fast zur Unkenntlichkeit. Was in Fällen wie dem des Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt aber kein so großer Unterschied zum Normalzustand ist.

Die Fastnacht bleibt der Quotenhit aller dritten ARD-Programme

Nur einer wurde diesmal schmerzlich vermisst: Günther Beckstein, Karnevalist aus Leidenschaft. Einer privaten Einladung wegen, wie es hieß, verpasste er die Fastnachtsshow, bei der die Franken neben Blödelei, Satire und Hochleistungstanz mit erstaunlich viel Selbstironie glänzten. Karnevalisten, die ihren Karneval karikieren - die Veitshöchheimer nimmt sich nicht so wichtig wie andere Prunksitzungen. Vielleicht ist sie auch deswegen so erfolgreich. Als Kabarettist Michl Müller gegen 22 Uhr auftritt, schauen ihm fünf Millionen Menschen in Deutschland zu.

Durchschnittlich waren es 3,9 Millionen, in Bayern war wieder fast jeder zweite TV-Zuschauer dabei. Trotz Handball-EM-Halbfinale und Dschungelcamp. Selbst die Wiederholung tags darauf schalteten noch einmal 1,73 Millionen Zuschauer ein. Die Fastnacht in Franken bleibt der Quotenhit aller dritten ARD-Programme.

Fastnacht in Franken

...dass manche sich beim Fasching eine Traumwelt aufbauen. Und Stoiber ist ja auch Vergangenheit."

(Foto: Nicolas Armer/dpa)
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