Fasching:Fastnacht in Franken: The Söders in Veitshöchheim

Marilyn Monroe, Mahatma Gandhi - und jetzt Homer Simpson: Bei der Kostümwahl bekommt Finanzminister Söder eigentlich nur von einem Mann Konkurrenz. Allerdings aus der falschen Partei.

Von Bernhard Hiergeist

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Fastnacht in Franken

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Fasching ist eine Epidemie: Sie tritt periodisch im Februar auf. Symptome sind oft blutig geklopfte Schenkel, Müdigkeit, Arbeitsunfähigkeit und generell die "Fastnacht in Franken" im unterfränkischen Veitshöchheim. Das ist die Prunksitzung des Fastnachts-Verbandes Franken, die jedes Jahr am Freitag vor dem unsinnigen Donnerstag stattfindet - nun schon seit 30 Jahren. Faschingsmuffel können das nicht nachvollziehen, aber die Sendung hat Einschaltquoten wie sonst nur die CSU Wahlergebnisse.

Zwei Punkte sind jedes Jahr ausschlaggebend: Einerseits müssen sich Politiker (ähnlich dem "Derblecken" beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg) Spott und Häme in (meist) gereimter Form gefallen lassen. Dabei müssen sie dann immer selig mitlachen, denn man will ja als humorvoll und unverwüstlich gelten. Andererseits müssen sie aufpassen, das Lachen bei manch schlechtem Faschings-Kalauer zu unterlassen, denn man lacht ja nicht bei jedem Blödsinn.

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Das zweite wichtige Prinzip ist die kollektive Kostüm-Exegese. Dahinter steckt der Glaube, dass Politiker - ob ungewollt oder nicht - durch die Wahl ihrer Faschingskostüme ungewöhnlich tief blicken lassen. Und wenn sie es vorgeblich selbstironisch tun, dann noch tiefer. Für die SZ war für Sie während des Abends die Sigmund-Freud-Gedächtnis-Taskforce "Küchenpsychologie" im Einsatz, um verwertbare Aussagen über den Zustand der bayerischen Politik zu treffen.

Die Psychen der Politiker liegen ja offen zutage. Vor eine besonders knifflige Herausforderung stellt uns dabei trotzdem jedes Jahr Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU). Was er schon alles in Veitshöchheim darstellte: Mahatma Gandhi, Shrek, Gandalf, Edmund Stoiber. Man rechnet bei Söder schon mit dem Merkwürdigsten, sodass er eigentlich nur noch wirklich überraschen könnte, wenn er als Markus Söder selbst kommen würde, gewissermaßen als Parodie auf sich selbst (böse Zungen würden sagen: Parodienparodie).

Nun denn: Was sagt es über Söder aus, dass er sich Zeichentrickfigur Homer Simpson als Verkleidung aussuchte? Er wollte das als "Hommage an die normalen Menschen im Land" verstanden wissen. Und schickte hinterher: "Homer Simpson würde CSU wählen." Irgendwo in den USA rotierte bei diesem Satz Simpsons-Erfinder Matt Groening auf seinem Bürostuhl. Naja, oder er hätte, hätte er schon einmal von einem fränkischen Politiker mit Namen Markus Söder gehört.

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Ministerpräsident Horst Seehofer dagegen kommt wie jedes Jahr ohne besondere Verkleidung nach Unterfranken. Ganz Landesvater: Man duldet das Spektakel mit dezenter Wohltätergebärde und lacht brav, wenn man die "erste Geige" in Bayern, aber die "Querflöte" in Berlin zugeschustert bekommt. Aber Verkleiden? Jeden Mist muss man ja dann wirklich nicht mitmachen. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ist da schon eher für ein Spaßettl zu haben (ja, sie ist es wirklich) und taucht als Oberhexe auf.

Aigner ist eine der potenziellen Nachfolger (und Nachfolgerinnen) von Seehofer für den Posten des Ministerpräsidenten (und CSU-Vorsitzenden). Deren Zahl schwankt aber häufig und dann und wann macht Seehofer wieder Andeutungen, dass er doch selbst noch mal... kurz und gut: Es kennt sich eigentlich keiner mehr aus.

Klarere Ansagen trifft da schon Bruno Gold von der Showband "Die Parodis", die dieses Jahr ihren zehnten und letzten Auftritt bei der Prunksitzung feierten. "Wir werden jetzt mal aufhören", sagt Gold dem Bayerischen Rundfunk. "Es ist an der Zeit, dass mal junge Leut' rankommen."

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Bei der Prunksitzung müssen sich Politiker viel gefallen lassen, aber auch Vertreter von Verbänden oder Kirchen (hier im Bild: der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann) sind Ziel der Spötteleien. Vor Hofmanns Pickelhaube hat die SZ-Taskforce "Küchenpsychologie" übrigens kapituliert. Was die Haube bedeuten soll? Hofmann erklärt sich im Bayerischen Fernsehen: "Ich will damit sagen, dass jeder Mensch immer einen guten Helm braucht." Aha.

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Wanted, bitte alive: Ein solider, beständiger Innenminister, der laut Aussage seiner Frau beim Heimfahren aus Veitshöchheim schon im Auto einschläft. Ja, das ist Joachim Herrmann, der wieder mal als Sheriff da ist. Für einen Innenminister klingt das vernünftig, für Herrmann selbst ist es ein bisschen mau, weil der seit gefühlt 57 Jahren im Sheriffskostüm nach Veitshöchheim kommt. Manche munkeln sogar, er sei in dem Kostüm (und als Innenminister) schon zur Welt gekommen.

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Faschingssitzungen wie die in Veitshöchheim sind eine tolle Erfindung, um einfachen Politikern das Gefühl zu geben, sie seien in irgendeiner Weise komplizierte Wesen. Oder warum sonst beschäftigen sich die Spaßmacher und Narren einen ganzen Abend nur mit ihnen und ihren Fehlern?

Im Zentrum steht dabei die Landespolitik, drum kommen Bundespolitiker (ja, auch solche gibt es in Bayern) relativ gnädig weg. Zum Beispiel Dorothee Bär von der CSU, die verkleidet als böse Zeichentrickfee "Maleficent" auftritt (im Bild mit ihrem Mann, wohl auch verkleidet).

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Fasching polarisiert. Manche verstehen nicht, wie man Spaß und Witz einfach dadurch erzeugen kann, dass man sich lustige Hüte aufsetzt. Andere finden ihn einfach gut oder lieben ihn sogar. Fasching ist nämlich eine ernste Angelegenheit. Wer das nicht glaubt, sollte einmal das Positionspapier (PDF) lesen, das sich der Fastnachts-Verband Franken vor mehr als 20 Jahren gegeben hat. Der Verband richtet die Prunksitzung in Veitshöchheim jährlich aus.

Nun gut, man muss den Fasching ja nicht verstehen, man muss sich halt darin zurechtfinden. Und das tun viele, es ist durchaus nicht so, dass Markus Söder vor dem Eingang zu den Mainfrankensälen Passanten den Arm verdreht und sie dann in den Saal zwingt. Tausende Bewerber gibt es jedes Jahr auf die wenigen hundert Tickets. Für Leute wie Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU, im Bild mit lustigem Hut, links ihre Tochter) ist aber immer ein Plätzchen reserviert. Stamm ist ein beliebter Gast auf der Sitzung, da sie zwar in Baden-Württemberg geboren ist, aber auch dort gibt es eine fränkische Ecke. Ihr zu Ehren singen die "Parodis", die Showband des Abends, sogar eine umgedichtete Version von ABBAs "Dancing Queen": "Fastnachts-Queen".

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Markus Rinderspacher ist schon irgendwie eine tragische Figur. Es macht sich kaum jemand so viele Gedanken um sein Kostüm und dann ist es auch noch immer aufwändigst gestaltet. Ork, Piratenkapitän Jack Sparrow oder dieses Jahr die Freihheitsstatue. Aufwand und Symbolkraft, das kriegen wenige so gut hin wie Rinderspacher - da stinkt auch Markus Söder mit seinem Homer Simpsons als angebliche "Hommage an den normalen Menschen" ziemlich ab.

Ach ja, da war doch auch noch irgendwas mit Tragik. Rinderspacher ist halt bei der Bayern-SPD, Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag. Allein deswegen wird er bei der Prunksitzung von Veitshöchheim wohl nie im Mittelpunkt stehen. Aber das muss ja nicht unbedingt ein Fluch sein.

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Vergangenes Jahr kam Florian Pronold, im Moment noch der Landesvorsitzende der SPD, als Elvis Presley. 2017 tritt er als Robin Hood auf, ein Kostüm, das seinem markigen, niederbayerischen Naturburschen-Naturell doch etwas mehr entspricht (hier im Bild mit seiner Lebensgefährtin als "Maid Marian"). Schon sinnig, als Rächer der Witwen, Waisen, Enterbten und Entrechteten aufzutreten - zumal in einer Zeit, in der viel von der Aushöhlung des Sozialstaats die Rede ist. Aber natürlich auch irgendwie sehr naheliegend.

Die SPD kam in den Reden auf der Bühne fast gar nicht vor, Pronold war also selten gezwungen, so zu tun, als fände er all das superlustig, während zwölf Fernsehkameras auf ihn gerichtet sind. Anknüpfungspunkte hätte es aber schon gegeben, zum Beispiel das Verwirrspiel um seinen Nachfolger/seine Nachfolgerin als Parteivorsitzender. Pronold hatte im Januar seinen Rücktritt angekündigt.

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Hier bei der SZ machen wir eigentlich jedes Jahr denselben Witz über Kultusminister Ludwig Spaenle. Und natürlich lassen wir den auch dieses Jahr nicht aus: Wie gut, dass in Veitshöchheim nicht über Kostüme abgestimmt wird. Sonst geriete Kultusminister Ludwig Spaenle in arge Erklärungsnöte. Vor zwei Jahren kam er mit seiner Ehefrau als Holzspaen(l)e. Und 2016 war er als - Zitat Spaenle - "eine Art Hawaiitoast" da. Das wäre nun eigentlich an Wahllosigkeit nur noch von einem "Geleehaufen, irgendwie" zu übertreffen. Oder von einem in Wasser aufgelösten Spritzer Tinte.

Stattdessen wurde es nun: ein Sechzigerfan mit Wikingerhelm. Ein bisschen wirkt das so, als wäre Spaenle zu Hause durch seinen begehbaren Kleiderschrank gelaufen und hätte alles, was an ihm hängenblieb, flugs als "Kostüm" definiert. Andererseits: Ein bisschen Rock'n'roll ist das schon auch.

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Potz Wetter: ein Indianer. Dergleichen hat man beim Fasching lange nicht mehr gesehen. Was denn das Kostüm bedeute, wird Hubert Aiwanger gefragt. Dann schnarrt der Vorsitzende der Freien Wähler irgendetwas vom Spessart, von Nationalparks und der bayerischen Holzwirtschaft, dazu vom Schutz von Minderheiten. So richtig folgen kann man da dann nicht mehr. Naja, macht nichts.

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Der ist ein wahrhaft weiser Samurai, der sein Schwert in der Scheide rosten lässt - diese Weisheit stammt entweder aus dem fernen Japan oder aus dem fernen Hollywood, so genau weiß man das nicht. Fest steht, dass diese Charakterisierung zu bayerischen Ministerpräsidenten nun so gar nicht passen will. Aber wenn man denn wirklich einen aus den vergangenen Jahren auswählen müsste: Günther Beckstein wäre der Kandidat, was er durch die Wahl seines Kostüms unterstreicht.

Günter Beckstein war mal bayerischer Ministerpräsident? Das fragen jetzt manche, die sich nicht mehr erinnern. Damals, in einer sehr dunklen Post-Stoiber-Epoche war das, doch die Amtszeit dauerte nicht lange. Das Gemüt und die Freude an den Faschingssitzungen haben sich Beckstein und seine Frau Marga als Geisha davon offensichtlich nicht verderben lassen.

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Politiker sind Menschen, die Wellen schlagen und dann das Boot vor dem Untergang bewahren wollen. Eine tiefere Wahrheit offenbart da Umweltministerin Ulrike Scharf als Wassergöttin, samt Eheman als Neptun.

© SZ.de/lkr
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