Fasching:Archaische Angelegenheiten

Chinesenfasching in Dietfurt

Ist der Kaiser proklamiert, geht es richtig los: Jedes Jahr feiert Dietfurt am Unsinnigen Donnerstag den Chinesenfasching.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Fasching in Bayern wird auf ganz unterschiedliche Arten gefeiert: Mit Skiern auf der Firstalm, in weißen Unterhosen in Dorfen oder in chinesischer Verkleidung in Dietfurt.

Von Hans Kratzer

Wer jemals den rheinischen Karneval und die alemannische Fasnacht erlebt hat, den wird beim bayerischen Fasching recht bald die Langeweile übermannen. Den Münchnern etwa sagt man seit jeher nach, dass sie im Fasching mit hängenden Mundwinkeln am Straßenrand stehen.

Tatsächlich war der Fasching in Bayern früher eine ernste Angelegenheit. Närrische Umzüge, Elferräte, Gardemädchen - das alles wurde in Bayern erst nach dem Krieg vom rheinischen Karneval kopiert. Letztlich verläuft die Entwicklung beim Fasching wie bei der Sprache und beim Brauchtum: Alles vermischt sich.

Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, im Münchner Umland auf alte Faschingstraditionen zu stoßen. Der Skifasching auf der Firstalm am Spitzingsee (26.2.) zählt zu den originellsten Faschingstreffen, aber er wurde erst 1930 erfunden. Recht viel weiter dürfte auch der Tanz der Marktweiber auf dem Münchner Viktualienmarkt nicht zurückreichen (28.2.). Zum ältesten Faschingsbrauchtum in der Region zählt der Hemadlenzen-Umzug in Dorfen.

Die Dorfener haben ihn, in weiße Unterhosen und Nachthemden gekleidet, schon im 19. Jahrhundert gepflegt. Er ist in Altbayern so einzigartig wie der Chinesenfasching in Dietfurt im Altmühltal, bei dem die Narren chinesisch gewandet sind (beide Veranstaltungen: 23.2.). Mit großem Tamtam karren die Hemadlenzen eine Strohpuppe durch die Stadt, um sie dann an einem Galgen zu verbrennen. Brauchtumsforscher vermuten, damit werde symbolisch der Winter ausgetrieben.

In der alemannischen und schwäbischen Fasnacht ist ein solches Treiben in vielen Dörfern üblich. Auch anderswo häufen sich an den letzten Faschingstagen jene Rituale, die den Winter vertreiben sollen. Rund um das Karwendelgebirge machen an den Faschingstagen zum Beispiel die mit Larven maskierten Schellenrührer mit ihren Kuhglocken einen Heidenlärm.

Man sieht allein daran, welches Mysterium dem Karneval und dem Fasching innewohnt, ein Geheimnis, das durch biedere Prunksitzungen, Schunkelseligkeit und Büttenkäse oberflächlich verdeckt wird. In Wirklichkeit handelt es sich um eine archaische Angelegenheit, deren Kern aber nur noch selten zu erkennen ist.

Fasching in Bayern, Do., 23. Feb., bis Di., 28. Feb., www.dietfurt.de, www.dorfen.de, www.alpenwelt-karwendel.de, www.alpenbahnen-spitzingsee.de

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