Fall Wolbergs:Regensburger Korruptionsaffäre: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Journalisten

Regensburger Korruptionsaffäre

Die Stadt Regensburg wird von einer Korruptionsaffäre erschüttert.

(Foto: dpa)
  • Ein Regensburger Journalist soll Oberbürgermeister Wolbergs mit positiver Berichterstattung bestochen haben - gegen den Verrat von Dienstgeheimnissen.
  • Der Haftbefehl gegen Wolbergs selbst war in der vergangenen Woche gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden.

Von Andreas Glas, Regensburg

Die Regensburger Korruptionsaffäre nimmt immer bizarrere Formen an. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen einen Lokaljournalisten. Die Justiz verdächtigt den Redaktionsleiter des Regensburger Wochenblatts, Christian Eckl, den mittlerweile suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) bestochen zu haben.

Der Journalist soll dem OB positive Berichterstattung versprochen haben, falls Wolbergs ihn im Gegenzug mit Unterlagen versorgt. Diesen Verdacht bestätigte ein Justizsprecher am Mittwoch, nachdem das Wochenblatt die Ermittlungen selbst öffentlich gemacht hatte. In dem Bericht bezeichnet Eckls Anwalt die Ermittlungen als "Zufallsfund aus der Telefonüberwachung des Oberbürgermeisters" und "Eingriff des Staates in den journalistischen Quellenschutz".

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben die Ermittler mindestens ein Telefongespräch zwischen Eckl und Wolbergs abgehört. "Überwacht wurde das Telefon des OB, nicht das des Herrn Eckl", betont der Justizsprecher. Am Telefon soll der Oberbürgermeister den Journalisten angewiesen haben, Dokumente zu vernichten, die er ihm vorher zugespielt haben soll. Journalist Eckl wiederum soll sich gegenüber Wolbergs bereit erklärt haben, auch unter Eid falsch auszusagen.

Auf SZ-Nachfrage äußert sich Eckl nicht konkret zu den Vorwürfen, die ihm die Staatsanwaltschaft macht. Er beruft sich auf den journalistischen Quellenschutz. In einem Kommentar, der am Mittwoch im Wochenblatt erschien, gibt Eckl aber zu, dem OB "ein Podium gegen seiner Ansicht nach falsche Berichte geboten" zu haben.

Tatsächlich fiel das Anzeigenblatt in den vergangenen Monaten durch wohlwollende Berichterstattung über Wolbergs auf - und durch Angriffe auf diejenigen, die kritische Fragen zur Rolle des OB in der Korruptionsaffäre stellten. "Klar Position zu beziehen", so Eckl, "ist nicht verboten." Er beruft sich auf die Meinungsfreiheit und nennt die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen seine Person einen Vorgang, der "an Grundfesten unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates" rüttle.

Fast wortgleich argumentiert auch Wolbergs' Strafverteidiger. Der Tatvorwurf der Bestechung sei "nicht nur strafrechtlich besehen völlig absurd, sondern rührt auch an den Grundfesten der in unserer Verfassung garantierten Pressefreiheit", teilt Peter Witting mit. "Dieser Vorgang macht einmal mehr deutlich, welche Dimension der Verfolgungseifer der Staatsanwaltschaft Regensburg im Fall Wolbergs zwischenzeitlich erreicht hat."

Wolbergs lobte öffentlich die Berichterstattung des Wochenblatts

Die Nähe zwischen Joachim Wolbergs und dem Wochenblatt ist in Regensburg bekannt. Lange Zeit hatte der OB in dem Anzeigenblatt eine Gastkolumne, mehrfach lobte er öffentlich die Berichterstattung des Wochenblatts. Und während Wolbergs anderen Medien stets das Gespräch verweigerte, wenn sie nach Stellungnahmen zur Korruptionsaffäre fragten, macht Christian Eckl kein Geheimnis daraus, regelmäßig mit Wolbergs über dieses Thema gesprochen zu haben.

Unabhängig von den Bestechungsvorwürfen hat die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen Eckl erwirkt, weil er den Ruf der Regensburger Stadträtin Tina Lorenz (Piratenpartei) geschädigt haben soll. Nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister war Lorenz aus Wolbergs' Rathauskoalition ausgetreten.

Christian Eckl hatte die Stadträtin daraufhin in einem Wochenblatt-Kommentar als "politische Meuchelmörderin" bezeichnet und den Verdacht geäußert, "dass Lorenz sich ohnehin nur an den Einnahmen ihres Stadtratsmandates laben wollte, statt Politik zu machen". Für diesen Kommentar soll der Regensburger Journalist nun 3200 Euro Strafe zahlen, auch dies hat das Wochenblatt am Mittwoch öffentlich gemacht. Sein Anwalt hat Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt.

Seit einem Dreivierteljahr ermittelt die Justiz wegen des Verdachts der Bestechlichkeit gegen OB Wolbergs. Im Zentrum der Affäre steht ein Grundstücksgeschäft. Der OB soll dem Bauunternehmer Volker Tretzel einen städtischen Baugrund zugeschanzt haben, offenbar im Gegenzug spendete Tretzel mehrere Hunderttausend Euro an Wolbergs' SPD-Ortsverein und versorgte den Fußballklub SSV Jahn Regensburg mit einem Millionenbetrag. Zudem soll Wolbergs für sich und ihm nahestehende Personen geldwerte Vorteile in Höhe von 79 000 Euro erhalten haben.

Wegen des Verdachts der Verdunkelungsgefahr saß der OB fast sechs Wochen in Untersuchungshaft. Ende Februar setzte das Regensburger Landgericht den Haftbefehl außer Vollzug, seitdem ist Wolbergs wieder auf freiem Fuß. Der dringende Tatverdacht der Bestechlichkeit hat aber weiterhin Bestand.

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