Fall Schottdorf:"Gelinde gesagt nicht in Ordnung"

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Der Ausschuss im Landtag, der die Schottdorf-Affäre untersucht, macht Pause. Danach wird ein hoher Beamter einen Anruf erklären müssen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Im Untersuchungsausschuss Labor war LKA-Präsident Peter Dathe geladen. Er streitet ab, bei den Ermittlungen gegen Schottdorf beeinflusst worden zu sein - doch zahlreiche Fragen bleiben offen.

Von Stefan Mayr, München

Peter Dathe erscheint braun gebrannt und entspannt lächelnd im Saal 3 des Maximilianeums. Der Präsident des Landeskriminalamts (LKA) hat am Montag extra seinen Urlaub unterbrochen, um vor dem Untersuchungsausschuss Labor als Zeuge auszusagen. Gleich zu Beginn sorgt er für reinen Tisch. Er liest eine vorbereitete Stellungnahme ab mit der Kernaussage: Es gab keinerlei Einflussnahme auf die Betrugs-Ermittlungen gegen den Augsburger Laborunternehmer Bernd Schottdorf und tausende Ärzte - weder von ihm selbst noch von anderer Stelle.

Dathes Aussage deckt sich damit zu 100 Prozent mit jener seiner Stellvertreterin Petra Sandles vor einer Woche. Dennoch blieb bei den zwei letzten Ausschuss-Sitzungen vor der Sommerpause so manche Frage offen - vor allem jene nach dem ungewöhnlichen Umgang mit dem ehemaligen Leiter der Sonderkommission Labor, Stephan Sattler.

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Der Untersuchungsausschuss soll klären, warum im Jahr 2009 Ermittlungen gegen Schottdorf und Tausende Ärzte wegen Abrechnungsbetrugs eingestellt wurden, obwohl parallel noch ein sogenanntes Pilotverfahren gegen einen Münchner Arzt lief. Der Mediziner wurde später zu einer Haftstrafe verurteilt. Viele andere Ärzte kamen dagegen straflos davon, obwohl sie ebenfalls so abrechneten, dass es gegen die Gebührenordnung verstößt. Wegen der vorzeitigen Einstellung der Ermittlungen steht der Verdacht im Raum, es habe politische Einflussnahme auf die Ermittler gegeben. Diesen Vorwurf haben vor dem Ausschuss inzwischen vier Polizisten bestätigt, allerdings konnten sie keine eindeutigen Beweise vorlegen. Noch mehr Zeugen beteuerten dagegen, es habe keinerlei Einfluss-Versuche aus der Politik gegeben. Wie auch LKA-Chef Dathe.

"Wie jedes Schreiben eines Anwalts" sei Gauweilers Brief behandelt worden

Allerdings bekam Dathe am 13. Januar 2010 einen Brief des CSU-Politikers Peter Gauweiler. Dabei trat der Bundestagsabgeordnete als Schottdorfs Anwalt auf - und bat mehr oder weniger offensiv darum, gegen Sattler ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Dieser Wunsch ging wenig später in Erfüllung. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelte mehr als zwei Jahre lang wegen des Verdachts auf falsche uneidliche Aussage und üble Nachrede. Dann wurde das Verfahren eingestellt.

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Dass sich ein Rechtsanwalt direkt an den LKA-Präsidenten wendet, bezeichnet Peter Dathe als "absolute Ausnahme". Er betont aber auch, das Schreiben habe "keine besondere Verfahrensweise bekommen". Es sei "wie jedes Schreiben eines Anwalts" an die Staatsanwaltschaft weitergeben worden.

Wurde Sattler kaltgestellt?

Ähnlich kurios waren die Umstände von Stephan Sattlers Versetzung ans Polizeipräsidium München: Der Leiter der Soko wurde abberufen, als das Ermittlungsverfahren noch lief. Wenig später musste das LKA diese Entscheidung wieder rückgängig machen. Was dabei vor sich ging, beschreibt selbst LKA-Chef Dathe als "gelinde gesagt nicht in Ordnung". Zunächst habe sowohl das Präsidium als auch der Generalstaatsanwalt zusätzliches Personal angefordert. Deshalb habe das LKA entschieden, Sattler zu versetzen.

Entgegen der Beteuerungen des anfordernden Präsidiums gab es aber kaum Arbeit für Sattler. Er hatte meist dienstfrei. Wurde er kalt gestellt, weil er zu scharf gegen die Ärzte ermittelte? "Bei der Abordnung ist uns ein Fehler passiert", räumte LKA-Vizepräsidentin Sandles vorige Woche ein. Die Personalanforderung sei nicht berechtigt gewesen. "Das war eine Leerfahrt", bestätigt Präsident Dathe. Das Verwaltungsgericht prüfte die Abordnung und erkannte "erhebliche rechtliche Bedenken".

Ebenfalls Staunen unter den Ausschuss-Mitgliedern löst ein Anruf des Leiters der Strafrechts-Abteilung des Justizministeriums bei der LKA-Vizepräsidentin an. Nach Angaben von Petra Sandles habe der hohe Beamte angerufen, um ihr von den Meinungsverschiedenheiten zwischen Generalstaatsanwalt und dem sachleitenden Staatsanwalt zu berichten. Politische Einflussnahme schloss sie aber grundsätzlich aus. "Das ist nach meinen Erfahrungen nicht normal", sagte Franz Schindler von der SPD. Sandles ihrerseits beteuerte, das komme nicht täglich und nicht wöchentlich vor, sei aber "nicht unüblich". Nach der Sommerpause wird der Beamte seinen Anruf erklären müssen.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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